Wie du mir, so ich dir by Michi
Summary: Was passiert, wenn Gibbs auf einmal krank wird und deswegen keinen Kaffee trinken darf? Tony hat das große Los gezogen und wird es erfahren!
Categories: German Characters: Anthony DiNozzo, Leroy Jethro Gibbs
Genre: Friendship, Humor
Pairing: None
Warnings: None
Challenges:
Series: None
Chapters: 1 Completed: Yes Word count: 3403 Read: 3545 Published: 05/29/2007 Updated: 05/29/2007
Story Notes:
Diese Story habe ich aus der Ich-Perspektive von Tony geschrieben.
Die Idee dazu ist mir ganz spontan gekommen und ich musste sie einfach aufschreiben.
Jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

1. Wie du mir, so ich dir by Michi

Wie du mir, so ich dir by Michi
Author's Notes:
Was passiert, wenn Gibbs auf einmal krank wird und deswegen keinen Kaffee trinken darf? Tony hat das große Los gezogen und wird es erfahren!
Wie du mir, so ich dir!

Sonntag - für mich der schönste Tag in der Woche. Kein lästiger Wecker, der einen vor sechs Uhr aus dem Schlaf reißt, kein dichter Morgenverkehr, der bereits zu früher Stunde die Nerven strapaziert, kein Großraumbüro, in dem es hektisch hergeht und vor allem kein schlechtgelaunter Boss, der einen herumscheucht.
Zufrieden seufzend lasse ich mich in die weichen Polster des Sofas sinken und sehe verträumt nach draußen. Der Frühling hält in Washington Einzug, die Sonne scheint vom wolkenlosen blauen Himmel und wärmt mit ihren Strahlen die Erde. Die Bäume beginnen zu knospen und die ersten bunten Blumen öffnen ihre Blüten, um die wärmere Jahreszeit zu begrüßen. Es ist ein friedlicher Sonntag, richtig geeignet, um sich von einer stressigen Woche zu erholen - schon allein deshalb liebe ich diesen Tag, an dem sogar Mörder meistens Frieden geben und bis Montag warten, um wieder zuzuschlagen. Ich fange zu gähnen an, strecke mich genüsslich und schließe die Augen. Mein Magen ist durch das Mittagessen zufrieden gestellt und ich merke, wie ich wegdämmere, genieße die Ruhe, die lediglich durch das Konzert der Vögel unterbrochen wird. Herrlich, diese Stille…
„DiNozzo!" Der laute Schrei lässt mich so heftig zusammenzucken, dass ich beinahe von der Couch gefallen wäre und es mich nicht gewundert hätte, wenn das Federvieh, das auf den Bäumen hockt, erschrocken das Weite gesucht hätte. Okay, ich revidiere meine Aussage von vorhin: Sonntag – für mich normalerweise der schönste Tag in der Woche, müsste ich nicht auf einen schlechtgelaunten Boss aufpassen, der sich von einer Magenverstimmung erholt. Genau, Sie haben schon richtig gelesen. Leroy Jethro Gibbs erholt sich von einer Magenverstimmung, kaum zu glauben, aber wahr.
Alles hat am Freitagvormittag angefangen, als wir den Schauplatz eines Mordes untersucht haben. Man hat regelrecht mitverfolgen können, wie alle Farbe aus dem Gesicht des Chefermittlers gewichen ist und er sich ein paar Sekunden später am Tatort übergeben hat. Na ja, nicht direkt am Tatort. Er hat es noch geschafft, ins Freie zu flüchten. Zuerst habe ich gedacht, es wäre an der grausig zugerichteten Leiche gelegen, aus deren tiefer Bauchwunde die Eingeweide hervorgequollen sind. Wirklich kein netter Anblick, aber lassen wir das.
Drei Stunden später – wir sind wieder im Großraumbüro gewesen – habe ich den Eindruck gehabt, alles wäre wie immer. Gibbs ist mit seinem üblichen Becher Kaffee aus dem Fahrstuhl gekommen, hat sich auf seinen Platz gesetzt und einen großen Schluck getrunken. Eine Minute später hat der Mülleimer neben seinem Schreitisch als Toilette herhalten müssen. Nicht gerade appetitlich, vor allem, wenn man dabei ist, einen großen Hamburger zu verschlingen. Ab diesem Zeitpunkt ist uns allen bewusst gewesen, dass mit Jethro etwas nicht stimmen kann, schon gar nicht, wenn er nicht einmal sein Lieblingsgetränk verträgt. Ich habe McGee sofort zu Ducky geschickt, der dann auch mit seiner schwarzen Tasche und einem sichtlich verwirrten Agent im Schlepptau aufgetaucht ist. Ich kann es Tim nicht verdenken, dass er ein wenig durcheinander gewesen ist, schließlich ist es das erste Mal gewesen, dass Gibbs Anzeichen einer Krankheit gezeigt hat.
Die klare Diagnose des Pathologen: Magenverstimmung, wahrscheinlich verursacht durch irgendeinen gemeinen Virus. Diese kleinen Biester müssen ja lebensmüde gewesen sein, dass sie sich ausgerechnet den Chefermittler als Ziel ausgesucht haben, aber lassen wir das. Natürlich hat Ducky sofortige Bettruhe verordnet und normalerweise befolgt man den Ratschlag eines Arztes. Okay, er ist kein Arzt in dem Sinne, hat aber immerhin Medizin studiert. Und was macht Gibbs? Richtig, er ist nicht nach Hause gefahren und hat sich aufs Ohr gelegt, sondern ist an seinem Platz sitzen geblieben, noch schlechter gelaunt als sonst und hat sich in den Fall verbissen. Das Ergebnis: am Abend ist der Mörder des Lieutenants bereits im Gefängnis gesessen und der Sturkopf von einem Chefermittlers hat sich während des Nachmittags fünf Mal auf die Toilette verzogen und ist ständig blasser geworden.
Das hat selbst Ducky gereicht, der seinen Freund buchstäblich aus dem Hauptquartier geschleift und ihn nach Hause gebracht hat, wo er auf ihn den ganzen Samstag aufgepasst hat, anstatt bei seiner alten, zu Gedächtnislücken neigenden Mutter zu sein. Diese hat er einfach bei einer Nachbarin untergebracht, kaum zu glauben, aber wahr.
Und heute Morgen – an meinem verdienten ruhigen Sonntag – ist der verhängnisvolle Anruf gekommen. Ducky könne seine Mutter nicht länger bei der Nachbarin lassen, da diese wegen der quirligen alten Dame beinahe einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und am liebsten laut schreiend hinausrennen würde. Natürlich stellt sich jetzt die Frage: wieso soll ausgerechnet ich die geeignete Person sein, um auf einen übellaunigen und kranken Gibbs aufzupassen? Die Antwort ist einfach: ich bin der Einzige, der Zeit hat, oder sagen wir besser, der nichts Wichtiges vorhat. McGee ist mit seiner Schwester unterwegs, Abby hat ein Treffen mit ihren zahlreichen Gothfreunden und Ziva trainiert ihre Kampftechniken. Wer außer dem treuergebenen Anthony DiNozzo bleibt also sonst noch übrig? Richtig, niemand. Also habe ich mir – bevor ich es mir anders überlegen kann – die Autoschlüssel geschnappt und bin zu Gibbs gedüst, anstatt mir einen Magnummarathon zu gönnen, so wie ich es ursprünglich vorgehabt habe.
Ducky hat mich an der Haustüre empfangen, mir berichtet, dass es Jethro besser geht und er schon wieder herumschimpft, wenn ihm etwas nicht passt. Also, alles wie immer – na ja, fast. Die nächsten Worte des Pathologen haben mir starkes Herzklopfen beschert und ich hätte am liebsten schreiend das Weite gesucht. „Keinen Kaffee", hat er zu mir gesagt und mich streng mit erhobenen Augenbrauen angesehen. „Sein Magen muss sich erst erholen und Koffein wäre da gar nicht gut, auch wenn er behauptet, es würde ihm nicht schaden und er würde es bei sich behalten. Glaub ihm das ja nicht." Dann hat er mich alleine gelassen, mit einem Gibbs, der seit über 24 Stunden keinen Kaffee mehr gehabt hat und auch bis mindestens morgen Früh keinen bekommen darf. In dem Bewusstsein, den Tag nicht lebend zu überstehen, habe ich mich schließlich in mein Schicksal gefügt, Jethro kurz gesagt – ohne jedoch das Schlafzimmer zu betreten, ich bin ja nicht lebensmüde – dass ich jetzt auf ihn aufpassen würde und mich im Wohnzimmer auf das Sofa gesetzt. Die Stunden bis zum Mittag sind ruhig verlaufen, wobei der Grund dafür ein schlafender Chefermittler gewesen ist. Ich habe ohne Störung mein wohlverdientes Sonntagsessen verschlungen und mich bereits auf ein Nickerchen gefreut, als mich seine wohlklingende Stimme aus meinem Dämmerzustand gerissen hat.
„DiNozzo!" Erneut schreit er nach mir und ich erhebe mich seufzend. Aus Erfahrung weiß ich, dass man Gibbs nicht lange warten lassen soll, schon gar nicht, wenn er sich wie ein tollwütiger Hund anhört, der dabei ist, jemanden zu zerfleischen. Deshalb eile ich die Stufen hinauf, öffne die nur angelehnte Schlafzimmertür und bleibe auf der Schwelle stehen. Man weiß ja nie, wie ein Mann auf Koffeinentzug reagiert. „Bin schon da, Boss", sage ich fröhlich und mustere ihn von oben bis unten. Sein Gesicht hat wieder ein wenig Farbe und er sieht nicht mehr wie eine Leiche aus. Das T-Shirt, welches er trägt, ist zerknittert und seine Haare vom Schlaf zerzaust. Er sitzt aufrecht im Bett und funkelt mir böse entgegen, was mich unwillkürlich schlucken lässt. Eindeutig kein gutes Zeichen.
„Wo bleibt mein Kaffee?!" bellt er mir entgegen und ich weiche um einen Zentimeter zurück. Zwischen ihm und mir sind drei Meter Abstand, was bedeutet, dass er mir keine Kopfnuss verpassen oder mir den Hals umdrehen kann, wenn ich ihm jetzt sage, was mir Ducky befohlen hat. Falls er aufstehen sollte, kann ich ihm immer noch die Tür vor der Nase zuschlagen, mich in meinen Wagen setzen und das Weite suchen.
„Keinen Kaffee", erwidere ich mit einem dicken Kloß im Hals und kann von Glück reden, dass Blicke nicht töten können. „Du hast eine Magenverstimmung hinter dir und musst dich erst wieder erholen. Da ist es nicht ratsam, wenn…" „Hör auf wie Ducky daherzureden und besorg mir endlich einen Kaffee!" unterbricht er mich wütend und richtet sich auf. „Du hast fünf Minuten, sonst bist du gefeuert!" „Du kannst mich nicht feuern, Boss", entgegne ich mutig, obwohl ich mich nicht so fühle. „Und wieso nicht, DiNozzo?" fragt er unheilverkündend leise und setzt sich noch aufrechter hin. „Ähm… ich bin dein bester Agent und…" „Dann suche ich mir eben einen neuen besten Agent." Ich schlucke und durchforste mein Gehirn nach einer passenden Antwort. „Wie wäre es damit? Du hast mich viel zu gerne, als dass du mich entlassen würdest." Okay, vielleicht hätte ich das jetzt nicht sagen sollen. Gibbs kneift seine Augen zusammen und ich beginne, den Rückzug anzutreten. „Wie kommst du darauf, dass ich dich mag?" „Nun ja… also, du hättest mich schon viel früher feuern können, bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit, aber du hast es nicht getan. Außerdem leidest du zurzeit unter Entzugserscheinungen, deshalb würde es mich nicht wundern, wenn du nicht klar denken kannst und…" Ich breche ab, da mir bewusst wird, dass ich es, egal was ich sage, nur schlimmer machen werde. Gott, wie hat mir Ducky nur so etwas antun können? Er weiß doch ganz genau, dass es schlimmer als die Hölle ist, wenn Jethro kein Koffein in seiner Blutbahn hat. „Ähm… ich gehe dann mal", sage ich leise und trete auf den Gang hinaus. „Wenn du etwas brauchst, ich bin unten." „Ich brauche Kaffee!" ertönt seine bellende Stimme aus dem großen Bett und lässt mich erzittern. „Vielleicht morgen", erwidere ich. „Wenn es Ducky erlaubt." „Duck ist Pathologe und kein Arzt! Er hat von lebenden Menschen keine Ahnung!" Das ist definitiv der Zeitpunkt, um sich zurückzuziehen. Mit großen Schritten entferne ich mich von Gibbs und lasse mich im Wohnzimmer schnaufend auf dem Sofa nieder. Ich bereue es, hierher gekommen zu sein und sehne mich nach Magnum. Nicht einmal einen Fernseher hat der Mann hier, außer in seinem Keller, den ich aber nicht zu betreten wage, denn sonst kann ich gleich mein Testament verfassen. Also beschließe ich mir einen Krimi aus dem Bücherregal zu nehmen und etwas zu lesen – ein Fehler, wie sich herausstellen sollte, denn innerhalb von ein paar Minuten bin ich eingeschlafen.

Ein lautes Splittern reißt mich aus einem tiefen Schlaf und für einen Moment bin ich orientierungslos, bis mir einfällt, wo ich bin und was ich hier überhaupt mache. Ich höre einen eindeutigen Fluch aus der Küche und innerhalb einer Sekunde bin ich hellwach. Nein, das kann nicht sein. Das würde er nicht wagen, oder vielleicht doch? „Verdammt", entfährt es mir, als mir bewusst wird, dass Gibbs nicht mehr oben in seinem Bett liegt. Ich springe auf, eile in die Küche und bleibe wie angewurzelt stehen. Wie ich vermutet habe, steht er mitten in dem Raum und zu seinen Füßen liegt eine zerbrochene Kaffeetasse, die er unabsichtlich fallen hat lassen. Wenigstens ist sie leer gewesen. „Was machst du hier?" frage ich und gehe auf ihn zu, in dem Wissen, dass er mich jeden Moment anfallen kann. „Ich wohne hier", erwidert er schroff und funkelt mich an. „Das ist mir klar. Ich meine eher, was machst du hier unten?" Aber ich kann mir vorstellen was er vorhat, denn nicht umsonst liegt eine Tasse zerbrochen auf dem Boden und in der Kaffeemaschine gluckert es verräterisch. Ich schüttle meinen Kopf und sage: „Wie kann man nur so uneinsichtig sein? Ich habe gesagt, keinen Kaffee und was machst du?" „Ach, sind wir jetzt schon so weit, dass du mir Befehle erteilst, DiNozzo?" Er bringt sein Gesicht nahe an meines, aber diesmal lasse ich mich nicht einschüchtern. „Wir sind nicht in der Arbeit, Gibbs", antworte ich ihm so gelassen wie möglich. „Dort bist du mein Vorgesetzter, aber heute ist Sonntag. Wir haben frei und sind somit auf gleicher Ebene. Und nun ab ins Bett oder ich schwöre dir, ich werde mir deine Handschellen nehmen und andere Seiten aufziehen." Von meinen eigenen Worten überrascht, bringe ich ein wenig Abstand zwischen uns. In diesem Moment habe ich mehr denn je den Eindruck, dass er mich am liebsten erwürgen will, aber schließlich entspannt er sich ein wenig, obwohl mir der Ausdruck, der in seine Augen getreten ist, nicht gefällt. Irgendetwas geht in seinem Gehirn vor, das sehe ich sofort. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, eilt er einfach schweigend an mir vorbei und überlässt es mir, den Scherbenhaufen aufzuräumen. Verwirrt sehe ich ihm hinterher, denn ich habe mit mindestens einer Kopfnuss gerechnet. Den Grund, weshalb er mich am Leben gelassen hat, erfahre ich eine Stunde später...

Es ist bereits nach drei Uhr am Nachmittag, als ich vor dem Bücherregal stehe und den Krimi wieder an seinen Platz stelle. Ich habe meine Lektion gelernt. Noch einmal werde ich nicht riskieren, einzuschlafen. Aber womit soll ich mich dann beschäftigen? Mir wird klar, dass ich mir meine Männermagazine mitnehmen hätte sollen, dann würde ich mich nicht zu Tode langweilen. Eine Sekunde später jedoch sind die heißen Frauen aus meinem Kopf vertrieben. Meine Nackenhärchen stellen sich unwillkürlich auf und ich spüre warmen Atem auf meiner Haut. Es ist eindeutig, dass jemand hinter mir steht und da ich niemanden gehört habe, weiß ich sofort, wer dieser jemand ist. Bevor ich mich jedoch umdrehen kann, umschließen kräftige Finger mein rechtes Handgelenk, kaltes Metall, das meine Haut berührt, lässt mich zusammenzucken und ehe ich mich versehe, bin ich an das Bücherregal gekettet. Mit großen Augen starre ich auf die Handschellen und dann zu Gibbs, der sich aus der Reichweite meiner freien Hand gebracht hat und mir ein kleines Lächeln schenkt. „Verdammt, was soll das?" frage ich ziemlich laut und rüttle an dem Regal, muss aber einsehen, dass es nichts bringt. „Manchmal hast du auch gute Ideen, Tony", sagt Jethro mit unschuldiger Stimme und da wird mir bewusst, weshalb er vor einer Stunde so einen hinterhältigen Ausdruck in den Augen gehabt hat. Ich hätte die Handschellen wohl nicht erwähnen sollen.
„Komm schon, Boss, mach mich los", versuche ich es auf die mitleidige Tour, aber meine flehende Stimme lässt ihn kalt. „Jetzt bin ich wieder dein Boss, ja?" erwidert er, auf meinen kleinen Vortrag von vorhin anspielend. „Ich werde mir nun einen Kaffee machen." Damit verschwindet er in der Küche. „Gibbs!" schreie ich ihm hinterher. „Du kannst mich hier doch nicht so zurücklassen!" Keine Antwort – verdammt. „Ruhig Blut, Anthony", murmle ich und begann mich umzusehen. Meine Augen suchen Buchreihe für Buchreihe ab, bis ich etwas finde, was mein Herz schneller schlagen lässt. „Damit wirst du nicht durchkommen", flüstere ich und schnappe mir die Büroklammer, die als Lesezeichen in einem Roman steckt. Geschickt biege ich sie zurecht und beginne an dem kleinen Schloss der Handschellen zu werken. Dass Jethro zu einer solchen Methode greifen würde, hätte ich nie für möglich gehalten - dass es ursprünglich meine Idee gewesen ist, vergesse ich geflissentlich. Eine Minute später habe ich es geschafft, lasse die Handschellen in meiner Hosentasche verschwinden – sicher ist sicher – und eile in die Küche, wo Gibbs an der Anrichte gelehnt dasteht und eine Tasse an seinen Mund führt. „Stopp!" rufe ich aus einem Impuls heraus und komme in den seltenen Genuss, ihn zusammenzucken zu sehen. Verblüfft, dass ich mich befreit habe, sieht er mich an, gleich darauf verzieht er jedoch verärgert seinen Mund. „Kann man nicht einmal in Ruhe einen Kaffee trinken?" Seine Stimme troff vor Sarkasmus. „Nicht, wenn du ihn nicht bei dir behalten kannst", erwidere ich und funkle ihn böse an. „Das weißt du doch gar nicht." „Du etwa?" Langsam reißt mir der Geduldsfaden. Wie kann man nur so stur sein? So uneinsichtig? „Die paar Stunden wirst du auch noch so überstehen", versuche ich ihn milde zu stimmen, gehe auf ihn zu und nehme ihm die Tasse aus den Fingern - ein weiterer Fehler. Kaum habe ich ihm den Rücken zugedreht, kommt das Unvermeidliche: Gibbs verpasst mir eine saftige Kopfnuss.

Irgendwie habe ich es geschafft, dass er wieder ins Bett geht – unter großem Protest und mit Drohungen, mich zu feuern – und ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Anstatt mich wieder ins Wohnzimmer zu setzen, platziere ich mich in der Küche. Und siehe da: Jethro lässt sich nicht einmal blicken. Aber es ist nicht so, dass er es nicht wieder versucht hätte. Da ich auch nur ein Mensch bin, meldet sich meine Blase zu Wort – es ist kurz vor acht Uhr abends – und als ich wieder von der Toilette komme, finde ich Gibbs in der Küche, wie er schon wieder Kaffeepulver in die Maschine füllt. „Unverbesserlicher Sturkopf!" sind die ersten Worte, die mir einfallen und ich spüre, wie mich die Geduld verlässt. Wieso mache ich mir überhaupt so eine Mühe wegen ihm? Kann mir doch egal sein, wenn er die ganze Nacht über der Toilette verbringt. Aber auf einmal wird mir bewusst, dass ich das gar nicht will, mir wird bewusst, dass ich es nicht gerne sehe, wenn er krank ist. Verdammt!
Obwohl es mir wehtut, sehe ich keine andere Möglichkeit mehr. Ich verwende denselben Trick, den er bei mir angewendet hat…

„Du bist ein toter Mann, DiNozzo", sagt er ein paar Minuten später, als wir nebeneinander in seinem Bett liegen, beide zugedeckt, wobei ich jedoch noch immer voll angezogen bin. „Momentan fühle ich mich aber ziemlich lebendig", erwidere ich, grinse und fange gleich darauf zu gähnen an. Mit einem Ruck hebt er seine rechte Hand und zieht somit meinen linken Arm mit nach oben. „Schließ sofort die Handschellen auf!" „Morgen", ist meine Antwort darauf und ich zerre meinen Arm wieder nach unten. Wohlweislich habe ich den Schlüssel – den ich in Jethros Nachttisch gefunden habe – unter die Matratze auf meiner Seite gesteckt. Wenn er auch nur den Versuch macht, sich über mich zu beugen oder sonst irgendwie aufzustehen, werde ich es sofort merken. Müde schließe ich meine Augen und spüre, wie ich wegdämmere. „Woher nimmst du die Sicherheit, dass ich dich nicht einfach im Schlaf erwürge oder mit dem Polster ersticke?" dringt seine Stimme leise an mein Ohr. „Dafür hast du mich doch viel zu gerne, Boss", murmle ich und schlafe ein paar Sekunden später ein, weshalb ich nicht mitbekomme, wie er mich ein paar Minuten lang eingehend mustert und schließlich flüstert: „Wie Recht du doch hast, Tony. Wie Recht du doch hast."


Eine Woche später…

Sonntag - für mich der schönste Tag in der Woche. Kein lästiger Wecker, der einen vor sechs Uhr aus dem Schlaf reißt, kein dichter Morgenverkehr, der bereits zu früher Stunde die Nerven strapaziert, kein Großraumbüro, in dem es hektisch hergeht und vor allem kein schlechtgelaunter Boss, der einen herumscheucht.
Der Frühling hat endgültig in Washington Einzug gehalten, die Sonne scheint vom wolkenlosen blauen Himmel und wärmt mit ihren Strahlen die Erde. Die ersten Blätter bedecken die Äste der Bäume und bunte Blumen schillern auf den grünen Wiesen. Es ist ein friedlicher Sonntag, richtig geeignet, um sich von einer stressigen Woche zu erholen - schon allein deshalb liebe ich diesen Tag, an dem sogar Mörder meistens Frieden geben und bis Montag warten, um wieder zuzuschlagen. Ich fange zu gähnen an, strecke mich genüsslich und blättere eine weitere Seite des FHM um, genieße die Ruhe, die lediglich durch das Konzert der Vögel unterbrochen wird. Herrlich, diese Stille…
„DiNozzo!" Der laute Schrei lässt mich so heftig zusammenzucken, dass mir das Heft aus der Hand fällt und auf der Bettdecke landet. Ich blicke vorsichtig zur Tür, wo Gibbs steht und mich wütend aus seinen blauen Augen anfunkelt. „Was hat Ducky gesagt?!" brüllt er mich an. „Absolute Bettruhe", murmle ich kleinlaut und sehe auf mein geliebtes Magazin. „Und keine körperliche Anstrengung." „Genau!" Er kommt auf mich zu und bevor ich es verhindern kann, nimmt er die Zeitschrift an sich. „Und für mich fällt das unter körperliche Anstrengung!" „Aber ich habe mich keinen Zentimeter bewegt." „Was aber sicher nicht auf jeden Körperteil von dir zutrifft." Er sieht mich wissend mit einer erhobenen Augenbraue an. „Komm schon, Boss. Das kannst du mir nicht antun. Ich brauche doch etwas, um mich von dieser Grippe abzulenken." Auf meine Worte folgt ein lautes Niesen, wobei ich es gerade noch schaffe, mir die Hand vorzuhalten.
Jethro beugt sich zu mir herunter, bringt sein Gesicht bis auf wenige Zentimeter an meines und ich widerstehe nur knapp dem Drang, die Bettdecke bis zu meinem Kinn hochzuziehen und mich wie ein verängstigtes Kleinkind daran zu krallen. Ein kleines Lächeln bildet sich auf seinen Lippen und er flüstert: „Wie du mir, so ich dir." Anschließend richtet er sich wieder auf und geht zur Tür, dreht sich aber noch einmal um. „Wenn du etwas brauchst, ich bin unten." „Ich brauche mein Magazin", sage ich laut und deutlich, für den Fall, dass er es nicht versteht. Aber er schüttelt nur seinen Kopf und lässt mich alleine zurück. Frustriert lasse ich mich in die Kissen fallen und starre auf die Zimmerdecke. Wie ich Sonntage hasse!

Ende!!!!
End Notes:
Diese Story habe ich aus der Ich-Perspektive von Tony geschrieben.
Die Idee dazu ist mir ganz spontan gekommen und ich musste sie einfach aufschreiben.
Jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
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