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Donnerstag, 19. Mai
07:30 Uhr


Weiche Lippen drückten sanfte Küsse auf meinen nackten Bauch und ich genoss diese federleichten Berührungen mit geschlossenen Augen. Geschickte Finger streichelten meine Haut, fuhren an der linken Körperseite hinauf und hinunter und jagten Schauer der Erregung über meinen Rücken, der auf einer äußerst bequemen Matratze lag. Die Küsse wurden von einer Zungenspitze ersetzt, die eine feuchte Spur bis zu meinen Lenden zog, über meinen harten Schaft glitt und sich einen Weg über meinen Oberschenkel bis zur Kniekehle zu bahnten. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und meinem Mund entfuhr ein wohliges Stöhnen. Meine Nerven schienen in Flammen zu stehen und mein Körper schrie förmlich nach Erleichterung, die mir aber nicht gegönnt wurde.
Noch immer hielt ich meine Augen geschlossen, konzentrierte mich ganz auf die Berührungen, die mir köstliche Lust verschafften. Mein Herz klopfte laut in meiner Brust und der Pulsschlag dröhnte in meinen Ohren. Ich biss mir auf meine Unterlippe, als die Finger ihre Wanderschaft fortsetzten und sich um mein erigiertes Glied legten und es sanft streichelten. Unwillkürlich bog ich meinen Rücken durch und drängte mich der Hand entgegen, die mir solche Freuden schenkte. „Nicht aufhören", flüsterte ich und spürte, wie sich die Person höher schob und neben mir zu liegen kam, ohne jedoch die Berührung zu unterbrechen. „Habe ich auch nicht vor", erwiderte eine männliche Stimme und jetzt wagte ich es endlich, meine Augen zu öffnen. Ich blickte in ein Blau so tief wie ein See. Auf meinen Lippen bildete sich ein Lächeln und ich hob eine Hand, um sie in den grauen Haaren meines Partners zu vergraben. „Küss mich", sagte ich leise und zog seinen Kopf zu mir herunter. Unsere Münder trafen sich und wir teilten uns einen leidenschaftlichen Kuss. Sein Geschmack war überall – in dem Zimmer, in meiner Nase und auf meiner Haut.
Ich begann an seinem Ohrläppchen zu knabbern, zog eine feuchte Spur mit meiner Zunge über seinen Hals und blieb an der rechten Brustwarze hängen, um sie zu liebkosen. Ein Stöhnen hallte durch die stickige Luft des Raumes und erfüllte mich mit Befriedigung. Ich genoss es, ihn genauso zu berühren, wie er mich berührte. Meine Erkundung stoppte an seinem Bauchnabel, den ich langsam umkreiste und ich fuhr mit der Zunge wieder hinauf, um mich der linken Brustwarze zu widmen. Er nahm seine Hand von meinem Glied, umfasste mein Kinn und zwang mich, in seine blauen Augen zu blicken, die voller Leidenschaft verschleiert waren. „Liebe mich, Tony", flüsterte er und legte seine Lippen auf meine, um mir noch mehr Erregung zu schenken. „Gibbs", stöhnte ich nahe an seinem Mund und legte meine flache Hand auf die Stelle, wo sein Herz schlug.
„Hey, DiNozzo!" schrie jemand wütend und rüttelte mich unsanft an meiner rechten Schulter. Verwirrt ließ ich Jethro los, der plötzlich unscharf wurde. Vor meinen Augen löste er sich in Luft auf, genauso wie das stickige Zimmer…


Blinzelnd öffnete ich meine Lider und schloss sie sogleich wieder, als mich heller Sonnenschein traf. Erneut sah ich den Chefermittler vor mir, wie er mich voller Leidenschaft angesehen und „Liebe mich, Tony" geflüstert hatte. Mein vom Schlaf umnebeltes Gehirn realisierte nur langsam, dass es ein Traum gewesen war, ein mehr als realistischer, wie mir die Reaktion meines Körpers verriet. Ich hatte das Gefühl, noch immer die Zunge auf mir zu spüren oder die Finger, die mich sanft gestreichelt hatten. ‚Das kann doch alles nicht wahr sein', dachte ich verzweifelt und Schrecken überdeckte die Erregung, die mich in festem Griff hatte. Ich hatte doch tatsächlich von Gibbs geträumt, wie wir sowohl Zärtlichkeiten als auch Leidenschaft ausgetauscht hatten. Gequält fuhr ich mir mit einer Hand über mein Gesicht und wünschte, ich würde in einem großen schwarzen Loch versinken, um nicht mehr daran denken zu müssen. Wie konnte ich überhaupt so etwas träumen? Das war doch mehr als verrückt. Wenn es mit einer Frau gewesen wäre, wäre es etwas anderes, aber mit Gibbs? Anscheinend hatte der gestrige Abend seine Spuren hinterlassen.
„Willst du den ganzen Tag verschlafen, DiNozzo?!" riss mich die wütende Stimme aus meinen Gedanken und ich wagte es, meine Augen einen Spalt breit zu öffnen, nur um in das Blau zu blicken, welches mich nicht mehr los ließ. „Wieso nicht?" gab ich zurück und erhielt prompt einen Schlag auf meinen Kopf. „Steh endlich auf. Ziva hat angerufen. Sie kommt in ein paar Minuten vorbei, um mit uns die Vorgehensweise für morgen zu besprechen." „Hat das nicht noch Zeit?" wollte ich wissen und drehte mich um, um Gibbs nicht mehr ansehen zu müssen. Der Traum war noch immer sehr lebhaft und seine Nähe verwirrte mich mehr als alles andere. Konnte er nicht vom anderen Ende des Raumes aus mit mir reden?
„Nein, hat es nicht. Und jetzt schwing endlich deinen Hintern aus dem Bett oder ich schwör dir, ich verdonnere dich zu zweimonatiger Schreibtischarbeit." „Schon gut, schon gut", grummelte ich und setzte mich widerwillig auf, blickte ihn aber nicht an, aus Angst, die Gefühle von gestern würden mich erneut übermannen.
„Ich hole mir nur schnell eine Zeitung. Falls Ziva kommt, sag ihr, ich bin gleich wieder da." Ich sah weiter aus dem Fenster und nickte als Zeichen der Zustimmung. Ich hörte, wie er den Raum verließ und kurz darauf die Tür ins Schloss fiel. Dankbar, dass er endlich weg war, ließ ich mich wieder auf die Matratze fallen. Ich hätte unmöglich die Bettdecke in seiner Gegenwart zurückschlagen können, außer ich hätte das Bedürfnis verspürt, ihn wissen zu lassen, dass ich momentan körperlich erregt war. „Ach verdammt", fluchte ich und setzte mich wieder auf. Verwundert registrierte ich, dass die andere Hälfte des Bettes unberührt war, also hatte Jethro heute Nacht nicht bei mir geschlafen – wenigstens eine gute Nachricht. Am Abend zuvor hatte ich mich einfach hingelegt und war wider Erwarten sofort eingeschlafen, obwohl ich eher damit gerechnet hatte, stundenlang wach zu liegen.
Mit schlechter Laune kletterte ich aus dem Bett und dabei fiel mein Blick ins Wohnzimmer und was ich da sah, zauberte mir gegen meinen Willen ein Lächeln auf die Lippen. Gibbs hatte doch tatsächlich Frühstück bestellt.

Jethro schloss die Tür hinter sich und unterdrückte den Impuls sich dagegen zu lehnen. Stattdessen setzte er wie in Trance einen Fuß vor den anderen und versuchte zu ignorieren, was er soeben mitbekommen hatte. Er wollte eigentlich nicht ins Schlafzimmer gehen, aber seine Blase war nun mal voll gewesen und als er aus dem Bad wieder heraustrat, hatte ihn ein Stöhnen inne halten lassen. Zuerst hatte er gedacht, Tony hätte einen Albtraum, aber dann hatte er seinen Namen mit einer Leidenschaft in der Stimme gesagt, die ihm sämtliche Nackenhaare aufgestellt hatte. Ihm war sofort klar geworden, was DiNozzo da träumte und er beschloss, ihn zu wecken – in seiner üblichen schroffen Art. Die Tatsache, dass Ziva wirklich angerufen und gesagt hatte, sie würde gleich vorbeikommen, hatte ihm eine Lüge erspart und die Zeitung, die er sich holen wollte, war nur eine Ausrede gewesen, um dem jungen Mann die Chance zu lassen, sich von dem Traum zu erholen.
Gibbs betrat den Lift und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Anschließend lehnte er sich an die Wand und stellte sich das Gesicht seines Kollegen vor, als dieser entdeckte, dass es Frühstück gab. Vielleicht hatte er es deshalb bestellt, um ihn freundlicher zu stimmen. Es war offensichtlich, dass Tony noch immer wegen gestern durch den Wind war und die paar Stunden Schlaf hatten dieses Gefühl nicht vertrieben. Jethro war selbst verwirrt und die Tatsache, dass sein Kollege von ihm geträumt hatte, hatte alles noch viel schlimmer gemacht. Es war eine mehr als verzwickte Situation, die sie schnellstens klären mussten, sonst würde der ganze Einsatz noch den Bach runtergehen. Nur, wie zwang man einen sturen Mann dazu, sich im selben Zimmer aufzuhalten, wenn er dies gar nicht wollte? Aber Gibbs wäre nicht Gibbs, wenn er nicht eine Lösung finden würde.

Ich saß auf dem Sofa und hielt eine Tasse des äußerst starken Kaffees in der Hand. Wenn Gibbs wüsste, dass ich ihn mit ein wenig Zucker entschärft hatte, würde er mir glatt eine weitere Kopfnuss verpassen. Da war er wieder, der Gedanke an meinen Boss. Selbst wenn er nicht da war, ließ er mich nicht in Ruhe. Ich hatte das Gefühl, seine Nähe sogar zu spüren, obwohl er sich nicht einmal in dem Hotelzimmer befand. Der Traum verblasste ganz langsam, war aber immer noch leicht präsent, so als ob er sich in einen Winkel meines Gehirns eingenistet hatte und nur darauf wartete, mich im ungünstigsten Zeitpunkt erneut zu überfallen. Ich konnte diesen Freitagabend gar nicht mehr erwarten, denn dann wäre die ganze Show endlich vorbei und ich konnte wieder in mein normales Leben wieder zurückkehren. Nur, wie sollten Gibbs und ich uns im Büro verhalten? So tun, als ob nichts vorgefallen wäre? Auf Dauer würde das nicht gut gehen. Aber wir waren zwei professionelle Agents, es wäre doch gelacht, wenn wir die Situation nicht irgendwie meistern könnten.
Ich setzte mich aufrechter hin und überlegte bereits, mir einen weiteren Löffel Zucker in das starke Gebräu, welches sogar einen Toten aufwecken konnte, zu kippen, als es an der Tür klopfte. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Es war bestimmt Ziva und da Jethro noch nicht zurück war, konnte ich mir vorstellen, was jetzt kommen würde. Nicht gerade begeistert stand ich auf und öffnete die Tür, die sie sonst bestimmt eingetreten hätte, wenn sich niemand gerührt hätte. Erneut trug sie dieses Zimmermädchen Outfit und als sie erkannte, wer vor ihr stand, fing sie breit zu grinsen an.
„Morgen, Tony", begrüßte sie mich und drängte sich an mir vorbei ins Zimmer. „Na, gut geschlafen?" „Bestens", antwortete ich und stellte die Tasse auf den Tisch ab. Die junge Frau schnappte sich ein Croissant und biss herzhaft hinein. „Einfach köstlich. Ich hatte heute überhaupt keine Zeit zum Frühstücken." „Freut mich, dass es dir schmeckt", erwiderte ich und ließ mich auf die Couch fallen. Ziva sah mich neugierig an und dann kam die Frage, mit der ich gerechnet hatte, seit ich erfahren hatte, dass sie vorbeikommen würde. „Und, wie lief es gestern?" Ihr Grinsen kehrte zurück und in ihren Augen lag ein humorvolles Funkeln. „Bestens", knurrte ich und nahm erneut die Kaffeetasse. Alles war besser, als ihr ins Gesicht sehen zu müssen. Sie setzte sich auf einen Stuhl und beugte sich vor, das halb gegessene Croissant, das sie in der rechten Hand hielt, schien sie nicht mehr zu interessieren.
„Mir kannst du es doch erzählen, Tony. Wie war es… nun ja… einen Mann zu küssen?" Bei diesen Worten unterdrückte sie ein Kichern. Ich zog es vor, in den Kaffee zu starren und ignorierte die Frage. Wieso konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Musste sie auch noch auf dem gestrigen Abend herumreiten? „Bist du stumm?" wollte sie wissen und wedelte vor meinem Gesicht mit ihrer Hand herum. „Nein, nur taub, wenn es um unsinnige Fragen geht, Officer David", meinte ich grantig. „Oh, da ist wohl jemand mit dem falschen Zeh zuerst aufgestanden." „Es heißt, mit dem falschen Fuß." „Wie auch immer. Und, war Gibbs gut?" Ich verdrehte die Augen, stellte mit einem lauten Krachen die Tasse auf den Tisch und fuhr sie an: „Kannst du mich nicht in Ruhe lassen?!" „Wieso regst du dich so auf? Abby hat sogar 20 Dollar gewettet, ob ihr es mit der Zunge gemacht habt." Mir klappte der Mund auf und ich war zum ersten Mal in meinem Leben sprachlos. Die Forensikerin hatte gewettet? Das war doch normalerweise mein Metier. „Abby würde so was nie machen", brachte ich schließlich hervor. „Hat sie aber. Frag McGee oder noch besser, Direktor Sheppard, wenn du es mir nicht glaubst. Sie waren dabei." Ich ließ mich auf der Couch zurückfallen und legte den Kopf in den Nacken. Nahm dieser Albtraum denn überhaupt kein Ende? „Also, wie war es…" begann Ziva erneut, unterbrach sich aber, als die Tür aufgeschlossen wurde und Gibbs eintrat. Ich blickte auf und unwillkürlich begann mein Herz schneller zu klopfen. Er trug lediglich ein weißes Hemd und eine Jeans. In seiner Hand hielt er eine zusammengefaltete Zeitung, die er jetzt auf den Tisch warf und sich neben mich auf das Sofa setzte. Sein Aftershave stieg mir in die Nase und beschämt stellte ich fest, dass sich erneut die Ameisen in meinem Magen an die Arbeit machten. Er war mir viel zu nahe, aber trotzdem war ich dankbar, dass er endlich aufgetaucht war und mich vor Zivas neugierigen Fragen gerettet hatte.
Jethro beugte sich vor und nahm sich meine halbvolle Tasse. „Das ist mein Kaffee, Boss", sagte ich und unterdrückte ein Grinsen, als er sein Gesicht verzog. „Was hast du damit angestellt?" fragte er, nachdem er das braune Getränk mühsam hinuntergeschluckt hatte und stellte die Tasse auf dem Tisch ab. „Ich habe Zucker hineingetan", antwortete ich und versuchte seinem Blick standzuhalten, der meine Herzfrequenz erneut erhöhte. Mühsam unterdrückte ich den Impuls, etwas von ihm wegzurücken. Wieso musste er sich auch so nah zu mir setzen? Machte es ihm Freude, mich so zu quälen? Aber wenn ich es mir Recht überlegte, woher sollte er auch wissen, wie es in meinem Inneren aussah?
„Habt ihr bereits angefangen, den Plan für den morgigen Abend zu besprechen?" wollte Gibbs wissen und lehnte sich zurück. „Wir wollten gerade damit anfangen, als du hereingekommen bist", antwortete Ziva und verschlang den Rest ihres Croissants mit drei Bissen. ‚Aha', dachte ich. ‚Den Boss fragt sie nicht, wie es für ihn gewesen ist, einen Mann zu küssen. Aber mich muss sie mit ihren Fragen nerven.' „Na, dann schieß mal los", sagte ich ein wenig gedehnt und versuchte mich nicht zurückzulehnen, da der Arm des Chefermittlers gefährlich in meiner Nähe auf der Rückenlehne lag. Unwillkürlich fühlte ich erneut seine Finger, die meinen nackten Körper gestreichelt hatten und seine Lippen, die mich verwöhnt hatten. Ich schluckte den Kloß hinunter und versuchte mich auf Zivas Worte zu konzentrieren, die anfing, den Plan zu erläutern, den sie mit Jen und McGee ausgetüftelt hatte.

Das Gespräch mit Ziva dauerte insgesamt fast eine Stunde, wobei Gibbs kein einziges Mal von meiner Seite wich. Ich hatte Mühe, nicht aufzustehen und mich woanders hinzusetzen, was auf meine Kollegin einen super Eindruck machen würde. Sie wusste ja nicht, dass ich mich in der Nähe von Jethro nicht sehr behaglich fühlte und das sollte auch so bleiben. Es reichte schon, dass sie mich über den Kuss ausgefragt hatte, da wollte ich ihr nicht noch mehr Munition für ihre Sticheleien liefern.
Die 60 Minuten zogen sich in die Länge und mittendrin hatte ich kurz das Gefühl, bereits einen ganzen Tag auf dem Sofa verbracht zu haben. Als die junge Frau endlich geendet hatte und wir alles noch einmal durchgegangen waren, atmete ich erleichtert auf. Endlich konnte ich Gibbs' Fängen entfliehen und als Ziva aufstand, folgte ich prompt ihrem Beispiel. Sie würde den Tag damit verbringen, mit McGee das Gelände der aufgelösten Fabrik zu durchsuchen, um günstige Plätze ausmachen zu können, an denen sie morgen Agenten postieren konnten. Am liebsten würde ich ihnen dabei helfen, aber da das nicht möglich war, entschied ich mich, joggen zu gehen. Ein langer schweißtreibender Lauf im Park war genau das Richtige, was ich jetzt gebrauchen konnte. Einerseits würde ich endlich etwas Bewegung bekommen, andererseits würde ich meinen Boss eine Zeit lang nicht sehen. Der Duft seines Aftershaves hatte sich gnadenlos in meiner Nase festgesetzt und was wäre besser als Autoabgase und die Gerüche eines Stadtparks, um diesen loszuwerden?
Ziva verabschiedete sich und ließ uns zurück. Jethro saß noch immer auf der Couch und blickte mich an. „Wir müssen heute nicht ständig in dem Zimmer bleiben, oder?" fragte ich und wünschte, meine Stimme würde nicht so belegt klingen. Musste er mich so intensiv mit seinen blauen Augen ansehen? Konnte er nicht die Decke mustern oder die Holzmaserung des Tisches vor ihm?
„Nein", antwortete er und beugte sich ein wenig vor. „Super. Dann hast du sicher nichts dagegen, wenn ich joggen gehe, oder? Ich brauche ein wenig Bewegung." Und bevor er die Frage verneinen konnte, eilte ich ins Schlafzimmer, um mir eine Sporthose und ein T-Shirt anzuziehen. Sicherheitshalber steckte ich mir noch ein paar Dollarscheine ein. Man konnte ja nie wissen, wann man etwas Bares brauchte. Innerhalb von fünf Minuten war ich fertig und als ich erneut den Wohnraum betrat, sah mir Gibbs ruhig entgegen. Er musterte mich von oben bis unten, was mir einen nicht unangenehmen Schauer über den Rücken jagte. Es wurde wirklich Zeit, dass ich hier raus kam. Ich war bereits an der Tür, als mich seine Stimme inne halten ließ. „Tony?" Zögernd drehte ich mich um und sah zu meinem Boss, der sich noch immer nicht gerührt hatte. „Ja?" „Wir müssen reden." Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass ich nervös wurde. „Worüber?" fragte ich, obwohl ich es nur zu genau wusste. „Über gestern Abend", kam prompt die Antwort. Ich atmete tief ein und erwiderte: „Können wir das nicht auf später verschieben? Heute soll es noch regnen und ich will die Zeit nützen, bevor es so weit ist." Ehe Gibbs die Möglichkeit hatte, mich aufzuhalten, öffnete ich die Tür und trat auf den Gang hinaus. Erleichterung durchflutete mich und ich hatte das Gefühl, erstmals seit Stunden wieder klar denken zu können. Während ich zum Lift ging, dachte ich über seine Worte nach. Ich wusste, ich würde um dieses Gespräch nicht herumkommen, egal wie sehr ich mich dagegen wehrte oder versuchte, mich davor zu drücken. Jethro schien sehr viel daran zu liegen, die Fronten zwischen uns zu klären, aber noch war ich nicht bereit, über gestern zu reden. ‚Würde ich das jemals sein?' fragte ich mich selbst, als ich mit dem Aufzug in das Erdgeschoss fuhr. ‚Wahrscheinlich nicht', antwortete ich mir gleich darauf selber und betrat die Lobby. Um diese Uhrzeit war es angenehm ruhig und als ich auf die Straße trat, sog ich die warme Luft tief in meine Lungen. Noch war der Himmel blau, aber heute Nachmittag würde es zu regnen anfangen. Bis dahin würde ich die Zeit im Freien verbringen, obwohl ich mir der Tatsache bewusst war, dass Gibbs wahrscheinlich vor Wut schäumen würde. Aber ich konnte jetzt nicht in seiner Nähe sein und das Gespräch, das heute unweigerlich stattfinden würde, würde schon schwer genug werden. Nur gut, dass ich mir ein wenig Geld mitgenommen hatte, denn wenn er glaubte, ich würde nüchtern mit ihm reden, dann hatte er sich gewaltig geschnitten. Vielleicht würde ein wenig Alkohol die Situation leichter machen – jedenfalls hoffte ich das.

Fortsetzung folgt...
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