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Ich saß mehr als gelangweilt an meinem Schreibtisch, den Kopf auf meine linke Hand gestützt, spielte mit dem Bleistift und unterdrückte ein Gähnen, während ich den Bericht vor mir las. Hin und wieder sah ich auf den Computerbildschirm und beobachtete, wie die Minuten langsam verstrichen. Müdigkeit begann sich in meinem Körper auszubreiten und am liebsten hätte ich die Augen geschlossen. Die zwei Stunden, die ich auf meinem Sofa geschlafen hatte, hatten definitiv nicht ausgereicht, um mich zu erholen und das hatte nicht einmal der Kaffee geändert, den Gibbs mir zubereitet hatte. Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er mir einen mitnahm, wenn er sich wieder sein Lieblingsgetränk kaufte. Er würde heute sicher mindestens einmal das Hauptquartier verlassen, um sich sein geliebtes Koffein zu besorgen. Hmmm… eventuell würde er mir sogar etwas zu Essen mitnehmen. Mein Magen meldete sich trotz des Schokoriegels, den ich verschlugen hatte, wieder zu Wort und verlangte nach Nahrung. Ein großer Hamburger wäre jetzt nicht schlecht, dazu eine große Portion Pommes und als Nachschlag einen Donut mit Zuckerguss. Unbewusst fuhr ich mir mit meiner Zunge über die Lippen und mein Magen fing laut zu knurren an.
„Hunger, Tony?" drang Zivas Stimme an meine Ohren und ließ mich aufsehen. Sie hatte sich vorgebeugt und fixierte mich mit ihren braunen Augen. Ein Grinsen, das mir gar nicht gefiel, umspielte ihren Mund. „Ist wohl schwer zu überhören", erwiderte ich und unterdrückte ein weiteres Gähnen. Vielleicht sollte ich mir ein leeres Büro suchen und mich für eine Stunde hinlegen, oder auch für zwei und vielleicht würde mir Gibbs ja Gesellschaft leisten. Ich spürte förmlich, wie meine Gedanken zu meinem Freund abschweiften, der noch immer nicht von Ducky zurück war, der sicher wieder eine seiner langen Geschichten erzählte.
„Dann musst du dir eben etwas zu Essen besorgen", meinte meine Kollegin und beugte sich noch weiter vor, sodass sie mit ihrem Oberkörper fast auf dem Tisch lag. „Und wenn du schon dabei bist, kannst du mir etwas mitnehmen." Ich seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Gibbs würde es gar nicht gut heißen, wenn ich das Gebäude verlassen würde. Schon vergessen? Hinter mir sind Gangster her." Sie tat diese Tatsache mit einem Wink ihrer Hand ab, hatte aber noch breiter zu grinsen angefangen, als ich den Namen unseres Bosses erwähnt hatte. Langsam stand sie auf, umrundete ihren Schreibtisch und blieb dicht vor mir stehen, um sich gleich darauf zu mir herunterzubeugen. Ihr Atem strich warm über meine Haut. Früher hätte ich das sicher mehr als reizvoll empfunden, aber die Zeit, wo ich praktisch hinter jeder Frau hergewesen war, war vorbei.
„Was läuft da eigentlich zwischen dir und Gibbs?" wollte sie wissen und sah mich neugierig an. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit dieser Frage. Mein Kopf, der noch immer auf meiner Hand gebettet gewesen war, schoss in die Höhe, der Bleistift entglitt meinen Fingern, rollte über die Tischplatte und fiel mit einem leisen Geräusch zu Boden. Blitzschnell bückte ich mich, um ihn aufzuheben und als ich wieder aufrecht auf meinem Stuhl saß, hatte ich mich so weit gefasst, dass ich es schaffte, eine unbewegte Miene aufzusetzen. Äußerlich wirkte ich ruhig, aber in meinem Inneren herrschte ein Aufruhr. Mein Herz hämmerte laut in meiner Brust und in meinem Gehirn wirbelten die Worte nur so durcheinander, in dem Bestreben, eine brauchbare Ausrede zu finden.
Ziva hatte anscheinend gemerkt, dass zwischen mir und Jethro mehr war als nur Freundschaft. Dabei hatte ich gedacht, Abby wäre die Einzige, der aufgefallen war, dass ich verliebt war. Es war relativ einfach gewesen, die Forensikerin mit wenigen Worten zufrieden zu stellen, aber bei meiner Kollegin war das anders.
„Wie kommst du darauf, dass zwischen mir und Gibbs etwas läuft?" fragte ich mit möglichst sorgloser Stimme und schenkte ihr ein breites Lächeln. „Falls du es vergessen hast, er ist ein Mann." ‚Und was für einer', fügte ich in Gedanken hinzu, konzentrierte mich aber gleich darauf wieder auf Ziva, die ihr Gesicht ganz nahe an meines brachte und mich mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah. „Und du bist ebenfalls ein Mann, Tony", erwiderte sie und hatte schon wieder dieses hinterhältige Grinsen im Gesicht. „Und normalerweise siehst du jeder attraktiven Frau hinterher, die dir begegnet, selbst an den grausigsten Tatorten. Aber soll ich dir etwas verraten? Du hast seit ein paar Wochen überhaupt kein Interesse mehr am weiblichen Geschlecht gezeigt, hast nicht mit deinen neuesten Eroberungen geprahlt. Das bringt einen zum Denken." Sie machte eine kurze Pause und wartete meine Reaktion ab, aber ich blieb nach außen hin weiter ruhig, obwohl es mir mehr als schwer fiel.
„Nur weil ich in letzter Zeit keinen Frauen mehr hinterher gesehen habe, nimmst du gleich an, zwischen mir und Gibbs läuft etwas?" fragte ich und legte in meine Stimme einen spöttischen Unterton, der mir selbst einen schmerzhaften Stich versetzte. Wie ich es hasste, es zu leugnen, dass ich mit Jethro zusammen war. „Ich bitte dich, Ziva. Das ist doch Schwachsinn." Die Worte kamen nur schwer über meine Lippen und am liebsten hätte ich mir dafür gleich ein dutzend Kopfnüsse verpasst. Ich schnappte mir eine neue Akte und schlug sie auf, in der Hoffnung, sie würde den Wink verstehen und mich in Ruhe lassen, aber falsch gedacht.
„Schwachsinn also?" meinte sie, nahm mir blitzschnell den Bleistift weg und wedelte damit vor meinen Augen herum. „Und wieso hast du dann den hier mit deiner Zunge abgeschleckt und dabei Gibbs angesehen, dem diese Geste anscheinend die Luft abgeschnürt hat? Ich habe es genau gesehen, Tony. Normalerweise hätte er dir dafür gleich mehrere Kopfnüsse verpasst oder dich gefeuert, anstatt wie gebannt deine Zunge anzustarren. Und dann das Poloshirt, das er heute trägt. Ich hätte schwören können, dass es dasjenige ist, welches ich in der Nacht hinter deinem Fernseher gefunden habe. Und dann eure Blickkontakte, die länger dauern, als es angemessen wäre. Das Alles hat mir ein wenig zu denken gegeben und du musst zugeben, dass es ziemlich danach aussieht, als ob ihr beide…"
Ihre leise gesprochenen Worte wurden vom Klingeln meines Handys unterbrochen und ich atmete erleichtert auf. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagiert hätte, wenn sie gesagt hätte, was ihr so offensichtlich erschien. Denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich es abgestritten hätte. Wahrscheinlich hätte ich einfach geschwiegen und ihr damit die Bestätigung geliefert, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag, was vielleicht das Beste wäre. Denn ich wusste, sie würde bei der nächsten Gelegenheit wieder davon anfangen.
Ich riss mich von ihren braunen Augen los, die mich weiterhin musterten und nahm mein Handy, das ich aufklappte. Mein Herz machte einen Hüpfer, als Gibbs' Name auf dem Display erschien. Ziva richtete sich auf, warf den Bleistift auf meinen Schreibtisch zurück und ging wieder zu ihrem Platz, wo sie sich auf ihren Stuhl fallen ließ. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände und ich wusste, sie würde nicht vergessen, worüber wir gerade gesprochen hatten.
„Was gibt es?" meldete ich mich und versuchte nicht allzu freudig zu klingen. „Abby hat etwas herausgefunden", erwiderte Gibbs knapp. „Kommt runter." „Sind schon unterwegs." Aber die Worte hörte er wahrscheinlich nicht mehr, da er bereits aufgelegt hatte, wie immer ohne sich zu verabschieden. Ich klappte das Handy zu und stand auf. „Wir sollen zu Abby runter kommen", sagte ich laut, damit es meine beiden Kollegen verstehen konnten, die auch prompt aufsprangen und mir zum Fahrstuhl folgten. Für den Anfang war ich jetzt vor Zivas bohrenden Fragen sicher und sobald ich mit Gibbs eine Minute alleine wäre, würde ich ihm sagen, dass sie Lunte gerochen hatte. Vielleicht sah er dann ein, dass es sinnlos war, es den anderen weiter zu verschweigen, dass wir zusammen waren. Es war besser, mit offenen Karten zu spielen.

Nicht einmal eine Minute später glitten die Türen des Fahrstuhles auf und ungewöhnliche Stille empfing uns. Normalerweise bekam man bereits auf dem Gang einen Ohrenschaden von der lauten Musik, die Abby hörte, aber diesmal war es ruhig, was wohl an Gibbs lag, der im Labor stand und auf den großen Plasmabildschirm starrte, auf dem der Mann zu sehen war, den ich heute Nacht erstochen hatte. Auf dem Foto wirkte er um ein paar Jahre jünger, aber nicht weniger gefährlich. Seine Augen waren kalt und schienen einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Den Mund hatte er zu einem gehässigen Lächeln verzogen und enthüllte dabei weiße Zähne, die mich ein wenig an die Fänge eines Raubtieres erinnerten. Ich wartete förmlich auf die Schuldgefühle, die mich überfallen hatten, als ich das Messer in seinen Rücken gejagt hatte, aber wider Erwarten blieben sie jetzt aus. Es machte mir überhaupt nichts mehr aus, wenn ich daran dachte, dass dieser Kerl wegen mir in der Pathologie lag und dort aufgeschnitten worden war. Ich war definitiv über die Sache hinweg und konnte mich dementsprechend wieder auf den Fall konzentrieren, jedenfalls versuchte ich es. Es war nicht gerade einfach, ruhig das Labor zu betreten und zu beobachten, wie sich Gibbs umdrehte und uns entgegensah, wobei seine Augen für den Bruchteil einer Sekunde länger auf mir verharrten als auf den anderen. Ich biss mir auf meine Unterlippe, um ihm nicht ein Lächeln zu schenken, da mir mehr als bewusst war, dass mich Ziva im Visier hatte – ich konnte ihre Blicke richtiggehend auf mir spüren und sie schien nur darauf zu warten, dass sich Jethro und ich durch irgendeine kleine Geste verrieten. Um ja keine unbedachte Bewegung zu machen, steckte ich meine Hände in meine Hosentaschen und stellte mich neben den Chefermittler – hielt dabei aber den gebührenden Abstand, auch wenn ich mehr als gerne seine körperliche Nähe gespürt hätte.
Ziva hob eine Augenbraue, aber ich ignorierte sie und konzentrierte mich auf die Informationen, die neben dem Bild des Mannes standen. „Jeremy McDonald", sagte ich mehr zu mir als zu den anderen. Endlich hatte der Einbrecher einen Namen und ich wusste, ich würde ihn lange nicht vergessen, hatte er doch meine erste richtige gemeinsame Nacht mit Gibbs gestört.
„Und er ist wirklich ein schlimmer Finger", meinte Abby und sah zu uns beiden, wobei sie registrierte, dass ich meine Hände in den Hosentaschen vergraben hatte, was sie mit einer erhobenen Augenbraue quittierte. „Natürlich ist er ein schlimmer Finger", erwiderte ich, holte meine Hände wieder ans Tageslicht und verschränkte sie vor meiner Brust. Noch nie waren mir meine Arme so überflüssig vorgekommen wie jetzt. Ich hatte einfach keine Ahnung, was ich mit ihnen machen sollte. „Immerhin ist er bei mir eingebrochen und hat versucht, mich zu erwürgen." „Das meinte ich eigentlich nicht damit." „Ach nein? Gibt es noch etwas Schlimmeres als den Versuch, mich umzubringen?" fragte ich in bester DiNozzo-Manier und trat zwei Schritte von Gibbs weg, damit er mir keine Kopfnuss verpassen konnte. Nun, da wir ein Paar waren, schien er sie noch viel lieber auszuteilen als zuvor.
„Wie wäre es, wegen mehrfachen Mordes vom FBI gesucht zu werden?" sagte Jethro die ersten Worte, seit wir das Labor betreten hatten und warf mir seinen typischen funkelnden Blick zu, der mich aber nicht ängstigte, sondern eher anturnte. Es war mehr als offensichtlich, dass er verärgert war, weil er wohl oder übel die Bundesbehörde informieren musste, was bedeutete, dass in absehbarer Zeit Fornell hier auftauchen würde.
Ich schluckte und ließ meine Arme wieder sinken - momentan waren sie mehr als lästige Anhängsel. Um meine Finger mit etwas zu beschäftigen, nahm ich ein kleines Skelett aus Eisen in die Hand, das neben dem Computerbildschirm stand und drehte es in meinen Händen. Abby kniff deswegen ihre Augen zusammen, sagte aber nichts. Solange ich es nicht fallen ließ oder sonst irgendwie kaputt machte, schien es sie nicht zu stören, dass ich damit herumspielte.
„Dann hast du dem FBI ja eine Menge Arbeit abgenommen, indem du diesen McDonald erstochen hast", sagte McGee und nickte anerkennend. „Du kannst von Glück reden, dass du nicht zu seinen Opfern gehörst", meinte Gibbs und auch wenn er versuchte es zu verstecken, war es unübersehbar, dass er erleichtert war. Die Forensikerin warf mir kurz einen Blick zu, sah dann zum Chefermittler und anschließend wieder zu mir, wobei ihre Rattenschwänze herumtanzten.
„Ich kann eben hervorragend auf mich aufpassen", erwiderte ich und grinste. „Immerhin bin ich dein bester Agent." „Du wirst bald der beste Agent sein, wenn es darum geht, Akten zu bearbeiten, wenn du nicht gleich aufhörst, mit dem Ding da rumzuspielen und mich damit verrückt zu machen." Dabei deutete er auf das kleine Skelett in meinen Fingern, das ich unablässig hin und her drehte. Verwundert sah ich ihn an und da ich die Figur nicht schnell genug aus den Händen legte, übernahm er das selbst, entriss sie mir und stellte sie wieder neben dem Computerbildschirm ab. „Tschuldigung, Boss", sagte ich leise und begnügte mich nun wieder mit meinen Hosentaschen. Er war definitiv gereizt, was nicht gespielt war und da ich nicht wollte, dass er weiter wütend auf mich war, zog ich es vor, mich neben Abby zu stellen, die uns kopfschüttelnd musterte.
„Können wir uns jetzt mit dem Video beschäftigen?" fragte Jethro mit etwas ruhigerer Stimme und fuhr sich über sein Gesicht. „Welches Video?" wollte McGee sogleich wissen und kam näher, um ja nichts zu verpassen. „Das ich auf dem Handy gefunden habe, das jemand Tony zugesteckt hat." Unwillkürlich fing mein Herz schneller zu schlagen an, als mir bewusst wurde, dass wir des Rätsels Lösung wieder einen Schritt näher gekommen waren. War es das, was die Typen wieder zurückhaben wollten? Ein Video? Das musste ja mehr als brisant sein.
„Leider hat es eine nicht allzu gute Qualität", fuhr Abby fort, drückte ein paar Tasten und auf dem Plasmabildschirm erschien ein etwas unscharfes Bild, das leicht wackelte. „Wer auch immer das Handy gehalten hat, hatte keine ruhige Faust", sagte Ziva und kniff ihre Augen zusammen, um mehr zu erkennen. „Es heißt keine ruhige Hand", korrigierte ich sie automatisch, wobei ich aber weiterhin auf den Bildschirm sah. „Wie auch immer", kam prompt die Antwort und ließ mich grinsen, was mir aber gleich darauf verging, als eine verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher erklang: „Verdammt, was soll das?!" Es war unverkennbar ein Mann, der ziemliche Angst hatte. Gleich darauf war eine weitere Stimme zu hören, nicht minder durch statisches Rauschen blechern verzerrt: Tja, Frankie, du hättest eben nicht versuchen sollen, mich hinter das Licht zu führen. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass dir das nicht gut bekommen würde." Der eiskalte Ton ließ mich unwillkürlich erschauern und ich versuchte zu erkennen, wer das gesagt hatte, aber man konnte nichts außer Dunkelheit und schattenhafte Schemen sehen und nicht ein Gesicht, wie ich es gehofft hatte.
„Nein, nicht", war der erste Mann wieder zu hören und jetzt flehte er richtiggehend. Intuitiv wusste ich, was jetzt kam, aber dennoch zuckte ich zusammen, als ein mir nur allzu vertrauter Knall einer Waffe erklang. Kurz darauf wackelte das Bild noch viel mehr, so als ob der unbekannte Filmer endlich bemerkt hatte, dass er etwas aufgenommen hatte, was nicht für fremde Augen bestimmt war. Zwei Sekunden später wurde alles schwarz und auch das Rauschen verstummte. „Kein Wunder, dass die hinter dem Handy her sind", durchbrach ich als Erster die Stille und schluckte. Ein Mord war wirklich ein guter Grund, dass jemand dieses kleine Gerät wieder haben wollte. „Aber leider kann man nicht sehr viel erkennen", meinte Abby. „Ich habe mich bereits ein wenig gespielt und herausgefunden, dass es insgesamt vier Personen waren, die gefilmt wurden." „Und was ist mit der Umgebung?" fragte McGee. „Hast du da etwas erkennen können?" Die junge Frau schüttelte ihren Kopf. „Nein, dafür ist die Qualität viel zu schlecht, was hauptsächlich daran liegt, dass der unbekannte Filmer ständig gewackelt und es in Strömen geregnet hat." „Also ist er Mord irgendwann in den letzten Tagen geschehen", stellte Gibbs nüchtern fest. „Aber das bringt uns auch nicht weiter", mischte sich Ziva ein. „Ich meine, man kann keine Gesichter erkennen, die Stimmen sind verzerrt und es gibt sicher tausende von Männern, die Frankie heißen. Wieso machen sie sich bloß solche Mühe, sich das Handy wieder zu beschaffen?" „Weil sie wahrscheinlich gar nicht wissen, dass man darauf nicht wirklich viel erkennen kann", meinte ich und Frustration überkam mich. Ich stand also auf der Abschussliste von irgendwelchen Gangstern, die nicht einmal wussten, dass ihre Identität überhaupt nicht gefährdet war. Mein Instinkt sagte mir jedoch, dass einer der vier Personen Jeremy McDonald gewesen war. Vielleicht konnten wir herausfinden, mit wem er in letzter Zeit in Kontakt gestanden hatte und somit an die Verbrecher herankommen, was aber wiederum bedeutete, dass wir die Hilfe des FBI brauchten, da sie sicher mehr Informationen über ihn besaßen und wir nur wertvolle Zeit damit vergeuden würden, selbst danach zu suchen.
„Meinst du, du schaffst es, noch mehr aus dem Video herauszuholen, Abbs?" fragte Gibbs und warf ihr einen Blick zu, der deutlich sagte, dass die Antwort ja lauten sollte. Die Forensikerin ließ sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen. „Ich kann es versuchen, aber allzu große Hoffnungen will ich dir nicht machen, Bossman. Aber ich werde mein Bestes geben", fügte sie hinzu, als sie die unheilverkündende Miene sah. „Du hast drei Stunden." „Aber so etwas braucht Zeit und…" „Drei Stunden", wiederholte er und fügte hinzu. „Lasst uns nach oben fahren." „Wirst du Fornell anrufen?" fragte ich und konnte ihn jetzt schon vor mir sehen, wie er in das Telefon bellte, der Agent solle gefälligst seinen Hintern hierher schwingen. „Nein, den Präsidenten", erwiderte er trocken und ich stellte erleichtert fest, dass er nicht böse auf mich war, sondern der liebevolle Ausdruck in seine Augen zurückgekehrt war. Für zwei Sekunden sahen wir uns an, bevor Gibbs seinen Blick von mir losriss und aus dem Labor eilte, Ziva und McGee dicht auf den Fersen. Ich drehte mich noch einmal zu Abby um und lächelte sie an. „Gut gemacht, Abbs", sagte ich, da es Jethro versäumt hatte, sie zu loben. „Wenigstens einer, der meine Arbeit anerkennt", meinte sie und erwiderte mein Lächeln. „Bis später." Ich winkte ihr noch kurz zu, bevor ich zum Fahrstuhl lief und mich in die Kabine quetschte, ehe sich die Türen schlossen.

Fortsetzung folgt...
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