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Mit geübten und schnellen Bewegungen knöpfte ich mir das Hemd zu, wobei meine Augen jedoch auf Gibbs fixiert waren, der vor mir stand und in sein Jackett schlüpfte. Die einzigen Anzeichen dafür, dass wir vor ein paar Minuten in diesem Fahrstuhl heißen Sex gehabt hatten, waren seine noch immer zerzausten Haare, das Glitzern in seinen Augen und der entspannte Gesichtsausdruck. Sein Geschmack war weiterhin allgegenwärtig in meinem Mund und ich wusste, es würde ziemlich schwer werden, sich heute auf die Arbeit zu konzentrieren und nicht ständig daran zu denken, was wir in dieser kleinen Kabine getan hatten. Ich konnte nur hoffen, dass uns bald ein neuer Fall ins Haus flattern würde, der uns nach draußen verschlug und langwierige Tatortuntersuchungen verlangte, damit ich meine Gedanken wieder in geordnete Bahnen zurückbringen konnte. Es ging doch nichts über einen blutrünstigen Mord, um die heißen Fantasien, was ich mit meinem Boss alles anstellen konnte, aus meinem Gehirn zu verbannen – jedenfalls so lange, bis es Abend wurde und endlich der Arbeitsschluss winkte.
So als ob Jethro in meinem Kopf schauen und dadurch erraten konnte, woran ich gerade dachte, zog er sein Jackett zu Recht, lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die linke Wand und musterte mich eingehend, während ich den letzten Knopf meines Hemdes schloss, um es mir anschließend einfach in meine Jeans zu stopfen. „Welche Fantasien hast du denn noch so in deinem Repertoire?" fragte er und schenkte mir ein Lächeln, das meine wieder in normale Bahnen zurückgekehrte Körpertemperatur erneut nach oben schießen ließ. Mein Hals wurde staubtrocken und ich musste mich erst einmal räuspern, um auch nur ein Wort herauszubringen. Dass sich Gibbs für meine geheimen Fantasien interessierte, hatte zur Folge, dass ich am liebsten erneut über ihn hergefallen wäre. Aber es war beinahe sieben Uhr, andere Leute warteten sicher schon darauf, den Fahrstuhl zu benutzen und außerdem würde es nicht gut aussehen, wenn der Chefermittler höchstpersönlich einmal zu spät kommen würde – daran, dass ich nicht pünktlich war, hatten sich mittlerweile alle gewöhnt. Sie würden eher Scherze darüber machen, dass ich es endlich einmal geschafft hatte, zu Arbeitsbeginn an meinem Schreibtisch zu sitzen.
„Ich habe noch viele Fantasien, die McGee die Schamesröte ins Gesicht treiben würden, wenn ich sie in seiner Gegenwart aussprechen würde", antwortete ich schließlich, trat vor meinen Freund und brachte meine Lippen ganz nahe an seine, sodass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut fühlen konnte. Bei meinen Worten bildete sich ein Funkeln in seinen Augen und das Blau wurde dunkler. „Heute Abend, wenn wir alleine sind und im Bett liegen, werde ich sie dir verraten. Jedes noch so kleine Detail und ich schwöre dir, dass ich dich alleine durch meine Erzählungen so weit bringen kann, dass du kommst." Meine Stimme hatte einen verführerischen Klang angenommen und ich konnte deutlich sehen, wie Gibbs hart schluckte und ein leises Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Zufrieden mit seiner Reaktion überbrückte ich die letzte Distanz zwischen uns und küsste ihn leidenschaftlich, wobei ich das Versprechen hineinlegte, dass ich ihm heute Abend beweisen würde, dass es nicht nur leere Worte gewesen waren, die ich gesagt hatte.
„Und jetzt lass uns an die Arbeit gehen", meinte ich ein wenig atemlos, als wir uns wieder voneinander gelöst hatten. „Ich denke, wir haben lange genug den Fahrstuhl blockiert." Ich hob meine Arme und strich Jethros Haare glatt, sodass er nicht mehr aussah, als ob er gerade in einen starken Sturm geraten wäre. „Ich denke, heute werden wir einmal früher Feierabend machen", erwiderte er schließlich, weshalb ich leise zu lachen anfing. „So etwas aus deinem Mund zu hören, gleicht einem Weltwunder. Au!" Prompt hatte er mir für meine freche Aussage eine Kopfnuss verpasst. Gespielt gekränkt rieb ich mir über die schmerzende Stelle und trat einen Schritt zurück, aber er kaufte mir keine Sekunde lang ab, dass ich wegen dem Klaps böse war – dafür kannte er mich bereits viel zu gut. Er hob lediglich eine Augenbraue, als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte und ich zuckte mit den Schultern. Dennoch konnte ich nicht widerstehen und bestrafte ihn ein wenig, als ich mich nach meinem Rucksack auf dem Boden bückte und ihm dabei einen fabelhaften Blick auf mein Hinterteil, das von der engen Jeans vorteilhaft betont wurde, gewährte. Ich konnte regelrecht fühlen, wie seine Augen auf meiner Kehrseite klebten und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Betont langsam richtete ich mich auf und ehe ich mich versah, wurde ich mit dem Rücken gegen die Wand gedrängt und sah mich einem Gibbs gegenüber, der mich erneut voller Verlangen musterte. „Wir werden heute definitiv früher Feierabend machen und dann werden wir ja sehen, wer wen mit Worten zum Höhepunkt bringt." Aufreizend knabberte er an meiner Unterlippe, bevor er zurücktrat, sich noch einmal durch die Haare strich, während ich für ein paar Sekunden unfähig war, auch nur einen Muskel zu rühren. Dieser Mann hatte eine Wirkung auf mich, die beinahe unheimlich war. Mit einem großen Kloß in meinem Hals hängte ich mir den Rucksack auf die Schulter, löste mich schließlich von der Wand und stellte mich neben Jethro. Unsere Finger fanden automatisch zueinander und der feste Druck, mit dem er meine Hand hielt, ließ meine Knie weich werden. Aufregung begann durch meine Adern zu pulsieren und verdrängte die Gedanken, was unsere Pläne für den heutigen Abend betraf, aus meinem Kopf. Gleich würde es so weit sein und wir hatten unseren ersten offiziellen Auftritt als Paar. Bis auf Abby, Ducky, Ziva, McGee und Direktor Sheppard wusste noch niemand, dass wir zusammen waren und ich konnte die ungläubigen und teilweise schockierten Gesichter bereits vor mir sehen.
Gibbs holte tief Luft, bevor er den Stopphebel umlegte und sich der Lift wieder in Bewegung setzte. Ich drückte aufmunternd seine Hand, weshalb er mir einen kurzen Blick zuwarf. „Nervös?" fragte ich leise und glaubte bereits, dass er es abstreiten würde – aber genau das Gegenteil war der Fall. „Ein wenig", gab er zu meiner größten Verblüffung zu und zuckte mit den Schultern. „Du weißt, dass wir das nicht tun müssen", entgegnete ich und fuhr mit meinem Daumen über seinen Handrücken. „Ich weiß", erwiderte er mit leiser, aber fester Stimme. „Aber ich will es und du willst es. Kein Versteckspiel, das habe ich mir geschworen. Außerdem weiß ich, wie viel es dir bedeutet, also gibt es keinen Rückzieher." Mein Herz begann schneller zu schlagen und mich überkam eine unbeschreibliche Zärtlichkeit. „Ich liebe dich", sagte ich, beugte mich vor und gab ihm einen kurzen Kuss. „Ich liebe dich auch", erwiderte er lächelnd und auf einmal schien es, als ob die ganze Nervosität von ihm abfiel und sich seine Körperhaltung entspannte.
Als das mir allzu vertraute leise Pling erklang, holten wir beide noch einmal tief Luft und als sich die Türen des Fahrstuhles öffneten, sahen uns mindestens ein halbes Dutzend Agenten entgegen. Sofort verstummten ihre Gespräche und genauso wie ich es mir vorgestellt hatte, fielen ihnen nacheinander die Unterkiefer hinunter. Ein besonders junger Mann, der aussah, als ob er gerade einmal 18 Jahre alt wäre, vergaß vollkommen, dass er Akten in seinen Händen hielt, die auf dem Boden landeten, als er, bei dem Anblick der sich ihm bot, seinen Griff um die Ordner lockerte. Sechs Augenpaare starrten uns entgegen, huschten zwischen mir, Gibbs und unsren miteinander verschränkten Finger hin und her. Anstatt mich jedoch unwohl zu fühlen, durchströmte mich unbeschreibliches Glück und ich konnte nicht anders als breit zu grinsen. „Was?" fragte ich unser Publikum und folgte meinem Freund, der die Kabine verließ und jedem einzelnen seinen speziellen Blick zuwarf, der jeden Laut sofort im Keim erstickt hätte – hätten sie nicht ihre Sprache verloren. „Habt ihr noch nie zwei Männer Händchen halten sehen?" fuhr ich fort, wobei dem Jüngsten sofort die Röte in seine Wangen schoss. Ich hätte das Schauspiel, das sich uns bot, noch länger genießen wollen, aber Gibbs zog mich einfach mit sich mit. Jeder Agent, den wir passierten, warf uns einen ungläubigen Blick zu und die meisten Gespräche in unserer Nähe verstummten sofort. Ich konnte es ihnen nicht einmal verdenken. Immerhin war ich für meine Frauengeschichten bekannt und es war kein Geheimnis, dass Jethro drei Mal verheiratet gewesen war und uns beide jetzt so zu sehen, Hand in Hand und mit einem glücklichen Gesichtsausdruck, musste für manche Personen mehr als ein Schock sein. Wer rechnete schon damit, dass ich jemals etwas mit meinem Boss anfangen würde?
Die vielen Blicke ignorierend, die uns zugeworfen wurden, blieben wir an meinem Schreibtisch stehen. Ich drehte mich so, dass ich Gibbs direkt ansehen konnte und lächelte. „Siehst du, es war gar nicht so schwer, oder?" wollte ich wissen und zog ihn nahe zu mir heran, mir nur allzu bewusst, dass uns viele Augenpaare beobachteten. „Nein, war es nicht. Und ich bin froh, dass wir es gemacht haben." „Ich auch, wobei jetzt sicher das Weltbild von einigen zusammengestürzt ist." Meine Worte brachten ihn zum Grinsen und er beugte sich vor, um mir vor allen einen liebevollen Kuss zu geben, bevor er einen Schritt zurücktrat und meine Hand losließ. „Und jetzt lass uns an die Arbeit gehen. Nicht, dass wegen uns noch der ganze Betrieb zusammenbricht, da alle das Bedürfnis haben, uns anzustarren", sagte er, zerzauste mir ein letztes Mal die Haare und ging zu seinem Schreibtisch. Ich konnte nicht anders, als ihm verträumt hinterher zu sehen, bevor ich meinen Blick von ihm löste, meinen Kopf hob und Direktor Sheppard entdeckte, die eine Etage höher stand, eine aufgeschlagene Akte in ihren Händen haltend und zu uns herunter starrend. Den Agent, der ihr Bereicht erstattete, schien sie vollkommen vergessen zu haben. Selbst von hier unten konnte ich erkennen, dass sie ihre Kiefer so fest aufeinandergepresst hatte, dass es schmerzen musste. Ihre kurzen Haare standen mehr denn je in alle Richtungen ab und ich konnte ihre Eifersucht richtig spüren, als sie meinem Blick begegnete. Allerdings konnte ich mir keinen Reim darauf machen. Ich wusste, Jethro und Jenny waren früher einmal Partner gewesen, aber das war lange her. Nun war sie sein Boss und eigentlich müsste es ihr egal sein, mit wem er zusammen war, solange die Arbeit nicht darunter litt. Aber anscheinend hatte sie irgendetwas dagegen, dass Gibbs sein privates Glück gefunden hatte – noch dazu mit mir.
Ich erinnerte mich an jede Einzelheit, als sie am Donnerstag erfahren hatte, dass wir zusammen waren. McGee hatte uns ins Hauptquartier zurückgebracht, wo wir zu Ducky hinuntergefahren waren, um uns durchchecken zu lassen, so wie es mein Freund gewollt hatte. Wir waren nebeneinander auf einem der Stahltische gesessen, unsere Finger miteinander verschlungen und glücklich darüber, dass wir noch lebten. Der Pathologe war in seinem Reich herumgeeilt und hatte die notwendigen Instrumente zusammengesucht, als die Tür aufgegangen war und Direktor Sheppard den Raum betreten hatte. Zuerst war ihr deutlich anzusehen gewesen, dass sie froh war, dass uns nichts weiter passiert war und wir am Leben waren. Aber als sie Gibbs' und meine miteinander verschränkten Hände gesehen hatte, war alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen. Bei der Frage, was das zu bedeuten hatte, hatte ihre Stimme einen unnatürlichen hohen Klang angenommen, der mich zusammenzucken hatte lassen. Jethro hingegen hatte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und ruhig mit der Gegenfrage geantwortete, wonach es denn aussehe. Da die sonst nie um Worte verlegene Direktorin anscheinend nicht gewusst hatte, was sie sagen sollte, hatte mein Freund ihr erklärt, dass wir ein Paar waren und mir vor ihren Augen einen kleinen Kuss gegeben. Den eifersüchtigen Blick, den sie mir zugeworfen hatte, hatte mich zum Grübeln gebracht und zum ersten Mal hatte ich mir wirklich Gedanken darüber gemacht, ob sie nicht für Jethro mehr als nur Freundschaft empfand. Aber er hatte sich nun einmal für mich entschieden und deshalb hatte ich Jenny schnell wieder aus meinem Kopf verdrängt, als sie aus der Pathologie gerauscht war, ohne sich einen Bericht der Geschehnisse geben zu lassen, wie sie es wahrscheinlich vorgehabt hatte.
Am Samstag hatte sie sich telefonisch bei Gibbs gemeldet und ihm knapp berichtet, dass DeLay ausgepackt hatte, in der Hoffnung, dadurch einen Deal mit dem Staatsanwalt zu bekommen. Dabei war rausgekommen, dass der Mann, dessen Mord gefilmt worden war, Frank Clarence gewesen war und die ganze Zeit bei Ducky in der Pathologie residiert hatte. Zusätzlich hatte er den Namen des Handybesitzers verraten. Ein gewisser Clive Erickson, der irgendwo auf einer Müllhalde verweste und nach dessen Leiche nun fieberhaft gesucht wurde. Aber bis heute war sie nicht aufgetaucht und vielleicht würde man sie auch niemals finden. Ehrlich gesagt war mir das auch egal, war er doch der Mann, der mir alles eingebrockt und mir das kleine Gerät in die Jackentasche gesteckt hatte. Ich wollte die ganze Sache einfach vergessen und nicht länger darüber nachdenken.
Ich riss meinen Blick von der Direktorin los, die noch immer die Vorgänge im Großraumbüro beobachtete und bemerkte erst in diesem Moment Abby, die es sich auf McGees Schreibtisch gemütlich gemacht hatte, ihre Beine übereinander geschlagen, und breit grinsend zwischen mir und Gibbs hin und her sah, wobei ihre Rattenschwänze kleine Tänze aufführten. Heute trug sie eine weiße Bluse, auf der kleine schwarze Totenköpfe abgebildet waren und einen dazupassenden kurzen schwarzen Rock, der mehr von ihren Beinen enthüllte, als er verdeckte. Tim hingegen zog es vor, auf seinen Computerbildschirm zu starren. Sein Gesicht hatte schon wieder die Farbe einer reifen Tomate angenommen, ein sichtbares Zeichen dafür, dass er sich noch immer nicht daran gewöhnt hatte, dass Jethro und ich zusammen waren und er es weiterhin irritierend fand. Ziva saß an ihrem Schreibtisch, die Unterarme auf der Platte abgestützt und weit nach vorne gebeugt, sodass sie mit ihrem Oberkörper beinahe darauf lag. Sie schüttelte den Kopf, grinste dabei aber leicht hämisch.
„Was ist?" fragte ich, ließ den Rucksack auf den Boden gleiten und setzte mich auf meinen Stuhl. „Nichts", antwortete sie schließlich, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf. „Ich muss mich nur erst daran gewöhnen, dass ihr beide jetzt ein Paar seid, zumal ich euch nie für den Typ gehalten habe, der auf Männer steht. Besonders dich nicht. Aber etwas Gutes hat die Sache auch", fügte sie hinzu und ihr Grinsen wurde breiter. „Und das wäre?" wollte ich wissen und schaltete meinen PC ein. Erneut beugte sie sich nach vorne und schürzte ihre Lippen. „Wir werden jetzt von deinen zahlreichen Frauengeschichten verschont. Keine Details mehr, wie du dein Wochenende verbracht hast, während du versuchst, dich an den Namen deiner neuesten Flamme zu erinnern. Vielleicht wird mir das doch ein wenig fehlen", gab sie nach einer Sekunde des Überlegens zu und zuckte ihre Schultern.
„Mir sicher nicht", mischte sich Gibbs ein und fixierte mich mit zusammengekniffenen Augen. „Es wird keine Frauengeschichten mehr geben und auch keine Berichte davon. Und wenn doch, werde ich irgendwo so viele Akten auftreiben, dass ihr beide bis zum Jahresende damit beschäftigt seid. Nur damit das klar ist." Seinen Worten folgte ein Schweigen, das nur von den Stimmen der anderen Agents und dem Geklingel der Telefone unterbrochen wurde. Die Drohung dahinter entging mir keineswegs, aber ich fühlte mich eher geschmeichelt als zu Recht gewiesen. Jetzt war es an mir, mich nach vorne zu beugen und ich schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. Ich hatte sogar den Eindruck, dass er eifersüchtig auf meine zahlreichen Freundinnen war, die der Vergangenheit angehörten. „Keine Frauengeschichten mehr", wiederholte ich seine Worte und zwinkerte. „Das weißt du doch, Jethro. Es gibt nur noch dich und mich. Also kannst du die Akten getrost dort lassen wo sie sich momentan befinden." Seine Mundwinkel zuckten verräterisch und in seine Augen trat an amüsiertes Funkeln. Gleich darauf konzentrierte er sich jedoch auf Abby, die laut in ihre Hände klatschte und vergnügt quietschte. „Ihr beide seid ja so süß!" rief sie begeistert und ihr Lächeln wurde noch breiter. „Habe ich nicht Recht?" Sie boxte McGee in den Oberarm, der aufsah, seine Wangen noch immer mit einem Hauch rosa überzogen. „Ähm", machte er, nicht sicher, was er sagen sollte. Er schien sich ein wenig unwohl zu fühlen und vermied es noch immer, Gibbs oder mich anzusehen. Es war mehr als offensichtlich, dass er ziemlich daran zu knabbern hatte, dass ich plötzlich nicht mehr auf Frauen stand, sondern auf einen oft schlecht gelaunten Chefermittler, dessen Blick einen in eine Eisstatue verwandeln konnte.
„Genau meine Meinung", sagte Abby auf seinen nicht sehr aufschlussreichen Kommentar und streckte ihm ihre flache Hand entgegen. „Du schuldest mir 20 Dollar, Timmy", fügte sie hinzu und wedelte mit ihren Fingern unter seiner Nase herum, bis er schließlich widerwillig das Geld aus seiner Hosentasche hervorholte und es ihr reichte.
Eine Spur verwirrt runzelte ich die Stirn, weshalb Ziva die Erklärung übernahm. „Die beiden haben um 20 Dollar gewettet, ob ihr heute Händchen haltend aus dem Fahrstuhl kommt. Abby hat gemeint, ihr würdet es machen, McGee hat dagegen gehalten. Das ist auch der Grund, weshalb wir alle schon so früh da sind. Um zu sehen, wer von beiden die Wette gewinnt." Belustigt hob ich meine Augenbrauen, konnte es mir aber nicht verkneifen, aus einem leeren Blatt einen Papierball zu formen und ihn Tim an den Kopf zu werfen. „Danke für dein Vertrauen, Bambino", meinte ich und verschränkte demonstrativ meine Arme vor der Brust.
„Was habe ich dir über das Werfen mit Papierbällen gesagt, Tony?" ließ mich Gibbs Stimme auffahren. Automatisch richtete ich mich kerzengerade auf und setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf. Ich wusste, dass er es nicht gerne sah, wenn ich McGee Sachen an den Kopf warf, und sei es nur ein harmloser Papierball. „Ich soll sie nicht als Waffe verwenden", antwortete ich ein wenig kleinlaut, was Ziva zu einem Kichern animierte. Gleich darauf hellte sich jedoch meine Miene wieder auf und ich warf Jethro einen herausfordernden Blick zu. „Anscheinend habe ich das viel zu schnell wieder vergessen. So wie es aussieht, musst du mir noch ein paar Manieren beibringen. Wie wäre es mit heute Abend?" Tim fiel der Bleistift, den in den Fingern hielt, aus der Hand, Ziva vergaß auf ihr Kichern und Abby grinste erneut. Gibbs hob eine Augenbraue und ich konnte erkennen, dass es ihm schwer fiel, nicht auf meine Worte zu reagieren. Für eine Sekunde hielt er den Atem an, stieß ihn jedoch gleich darauf wieder aus und meinte: „Darüber reden wir, wenn wir alleine sind." In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der mir einen Schauer der Erregung durch meinen Körper jagte und ich riss schließlich meinen Blick von ihm los, um ihn auf meinen Computerbildschirm zu richten, nur um sofort wieder den Kopf zu heben, als ich förmlich spürte, dass mich Ziva weiterhin beobachtete.
„Ist noch etwas, Officer David?" wollte ich wissen und wünschte mir, ihre Augen würden nicht so auf mir kleben. „Du hast auf deinem Hals einen wirklich großen Kussfleck", antwortete sie schließlich und für einen Moment hatte ich keine Ahnung, wovon sie redete, bis ich mich daran erinnerte, wie Gibbs vor nicht allzu langer Zeit gierig an meiner Haut gesaugt hatte, als ich ihm erklärt habe, dass Sex im Fahrstuhl eine meiner heißesten Fantasien sei.
„Es heißt Knutschfleck", korrigierte ich sie und widerstand dem Drang, meinen Hemdkragen nach oben zu ziehen, um ihn vor ihrem neugierigen Blick zu verstecken. „Zeig mal her!" rief Abby sofort, sprang von McGees Tisch herunter und eilte auf mich zu, um meinen Hals mit Kennerblick zu inspizieren. „Wow, Gibbsman, da hast du aber ganze Arbeit geleistet", meinte sie so laut, dass er es problemlos verstehen konnte, ließ meinen Hals aber nicht aus den Augen. Wenn irgendjemand anderes das gesagt hätte, hätte derjenige bereits seinen Fahrschein ins Jenseits gelöst und würde nicht mehr leben. Aber die junge Goth wusste, dass ihr Jethro nie etwas antun würde, weshalb sie in seiner Gegenwart kein Blatt vor den Mund nahm. Die Tatsache, dass auch ein paar andere Agents ihre Worte gehört hatten, schien sie nicht zu stören. Gibbs hingegen warf allen einen mörderischen Blick zu, sodass sie eilends die Flucht antraten und einen großen Bogen um uns machten. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er etwas zu Abbys Kommentar sagen wollte, kam aber nicht dazu, da sein Telefon zu klingeln anfing.
„Hast du keine Arbeit, die im Labor auf dich wartet?" fragte ich ein wenig genervt und bückte mich, um so zu tun, als ob ich mir meine Schuhbänder neu binden müsste, um endlich den Blicken der beiden zu entkommen. Mittlerweile hatte ich mich wie am Präsentierteller gefühlt und ich machte mir gedanklich eine Notiz, morgen ein Halstuch zu verwenden oder vielleicht einen Rollkragenpullover anzuziehen, obwohl das Wetter viel zu warm dafür war. Aber es würde mich hoffentlich davor bewahren, angeglotzt zu werden.
„Sag mal, Tony", hörte ich Zivas Stimme, weshalb ich wieder auftauchte und bemerkte, dass es sich Abby jetzt auf meinem Schreibtisch bequem gemacht hatte. Anscheinend hatte sie keine Arbeit in ihren heiligen Hallen liegen, weshalb sie bei uns Unterhaltung suchte. Erneut hatte sie ihre Beine, die in hohen Plateaustiefeln steckten, übereinander geschlagen und wippte mit einem Fuß zu einem Takt, den sie nur in ihrem Kopf hörte und der wahrscheinlich zu ihrem aktuellen Lieblingslied gehörte.
„Was habt Gibbs und du so lange im Fahrstuhl gemacht?" Sofort wünschte ich mir, ich würde mich weiter mit meinen Schuhen beschäftigen. Ich warf einen hilfesuchenden Blick zu meinem Freund, der aber weiterhin telefonierte und sich dabei Notizen machte. Er schien von Zivas Frage nichts mitbekommen zu haben. Abby hingegen sah mich genauso neugierig an und wartete gespannt auf eine Antwort.
„Wie kommst du darauf, dass Gibbs und ich so lange im Aufzug waren? Wir sind in der Tiefgarage eingestiegen und sind hier herauf gefahren." „Und habt dabei einen Zwischenstopp eingelegt", meinte die junge Agentin, grinste mich wissend an und verschränkte erneut ihre Arme hinter dem Kopf. Ich machte meinen Mund auf, um ihr zu widersprechen – immerhin brauchte sie nicht zu wissen, was Jethro und ich vor kurzem in der Kabine getrieben hatten – aber ich kam nicht einmal dazu, ein Wort zu sagen, da sie sofort fortfuhr: „Such bloß keine Ausrede. Ich würde sie dir sowieso nicht abkaufen. Ich bin um halb sieben hier im Hauptquartier gewesen und Gibbs' Auto stand um diese Uhrzeit bereits in der Tiefgarage. Und ich musste feststellen, dass der Fahrstuhl nicht funktioniert hat, weshalb ich die Treppe genommen habe. Ich war nicht die Einzige, die gemerkt hat, dass der Aufzug nicht funktioniert. Du hättest mal die Flüche hören sollen, die die Agenten ausgestoßen haben, die vor den Türen gewartet haben, oder Abby?" wandte sie sich an die Forensikerin, die zustimmend nickte. „Da waren wirklich blumige Ausdrücke dabei, die nicht einmal ich gekannt habe und dass soll schon etwas heißen. Ich habe den hinteren Fahrstuhl genommen, da der andere nicht funktioniert hat und McGee hat ebenfalls die Treppe benutzt." „Wir waren nicht…" setzte ich zu einer Erklärung an, wobei ich die Röte zu ignorieren versuchte, die mir in die Wangen stieg. Obwohl wir so bald ins Hauptquartier gekommen waren, war es nicht unentdeckt geblieben, dass der Aufzug blockiert worden war.
„Ich bitte dich, Tony", fuhr Ziva fort und beugte sich wieder nach vorne, um mich mit zusammengekniffenen Augen zu fixieren. „Der Fahrstuhl war über eine halbe Stunde außer Betrieb und schließlich seid Gibbs und du herausgekommen. Und glaub mir, ich habe euch beide vorher gesucht, da ich ja den Wagen erkannt habe, aber ich habe euch nicht gefunden. Also, was habt ihr so lange dort drinnen gemacht?" Im Prinzip wartete sie nur auf die Bestätigung ihrer Gedanken, die sie sich bereits gemacht hatte, aber die würde ich ihr nicht geben. Die Überraschung, die mir Jethro gemacht hatte, ging nur ihn und mich etwas an und aber sicher nicht Ziva.
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest", sagte ich schließlich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. „Als wir den Fahrstuhl benutzt haben, hat er einwandfrei funktioniert. Wir haben dort drinnen überhaupt nichts gemacht." Die Lüge kam mir glatt über die Lippen, aber es tat mir innerlich weh.
„Weshalb ist dann dein Hemd falsch zugeknöpft?" wollte sie wissen und grinste breit. „Was?" fragte ich schockiert und sah sofort nach unten, um zu überprüfen, ob ich mich mit den Knöpfen vertan hatte, aber jeder einzelne war in dem Loch, zu dem er gehörte. Gleich darauf wurde mir klar, dass das nur eine List gewesen war und mein Kopf schnellte nach oben. „Wirklich witzig, Officer David", erwiderte ich und schenkte ihr meinen gefährlichsten Blick. „Also doch", sagte sie und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Ich wollte bereits aufspringen, um ihr meine Meinung mitzuteilen, als mir Abby eine Hand auf den Unterarm legte und mich somit in der Bewegung stoppte. „Ruhig Blut, Tony", meinte sie und schenkte mir ein breites Lächeln. „Die Hauptsache ist doch, ihr hattet euren Spaß. Sex im Fahrstuhl. Ich stelle mir das aufregend vor." Verträumt sah sie zur Decke hinauf und ich war froh, dass ich ihre Gedanken nicht lesen konnte. Aber ich musste ihr Recht geben: es war mehr als aufregend gewesen und wenn sich jemals wieder die Chance ergeben sollte, würde ich sie auch nutzen.
Abby klopfte abwesend auf meinem Unterarm herum und schien das gar nicht zu bemerken. Ziva wandte sich, da sie doch Recht gehabt hatte, endlich ihrem Computer zu und McGee versuchte so zu tun, als ob er nie mitbekommen hätte, dass Gibbs und ich im Fahrstuhl miteinander geschlafen hatten. Sein Gesicht war schon wieder von einem tiefen Rot überzogen und er vertippte sich ständig. Nur Jethro schien nicht mitbekommen zu haben, worüber wir gerade gesprochen hatten. Er knallte den Telefonhörer in seiner unnachahmlichen Art auf die Station zurück und stand auf. Abby wurde dadurch endlich aus ihren Gedanken gerissen und hüpfte von meinem Schreibtisch.
„Los, Leute, schnappt euch eure Sachen. Wir haben einen neuen Fall. Ein toter Lieutenant Commander in Norfolk. Tony, tank den Truck auf." Er warf mir die Schlüssel zu, die ich geschickt auffing und schnappte mir meinen Rucksack. „Mach ich, Boss", erwiderte ich automatisch und wollte bereits zum Fahrstuhl gehen, als mich Zivas Blick vor ihrem Platz innehalten ließ. „Ich frage mich, wer von euch beiden wohl zu Hause der Boss ist", sagte sie und befestigte ihr Holster an ihrer Hüfte.
Ich beugte mich ganz weit nach vorne, sodass unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren und zischte: „Das geht dich absolut nichts an. Und hör endlich auf, ständig Fragen nach meinem Privatleben zu stellen", fügte ich wütend hinzu. „Schon gut, schon gut." Abwehrend hob sie ihre Hände, überrascht von meinen plötzlichen Ärger. „Und zu deiner Information", sagte ich eine Sekunde später. „Zu Hause sind Jethro und ich auf derselben Ebene und… Autsch!" Ich war so auf meine Kollegin fixiert gewesen, dass ich Gibbs nicht bemerkt hatte, der hinter mir aufgetaucht war und mir eine Kopfnuss verpasst hatte.
„Wenn du nicht gleich den Truck auftankst, werde ich dir heute Abend zeigen, wer der Boss ist." Ich schluckte den Kloß, der sich auf einmal in meinem Hals gebildet hatte, hinunter und drehte mich um, wobei ich einem funkelnden Blick aus blauen Augen begegnete. Wir waren uns so nahe, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte und mein Herz fing unwillkürlich schneller zu schlagen an. „Versprochen?" fragte ich mit einem breiten Grinsen, als ich mich wieder gefangen hatte. Bei dem einen Wort erschauerte er leicht und in seinen Blick trat Begehren. Er kam noch näher an mich heran und brachte seinen Mund an mein linkes Ohr. „An mir soll es nicht liegen, wenn du das wirklich willst", flüsterte er so leise, dass nur ich es hören könnte. Mir stockte unwillkürlich der Atem und für einen Moment vergaß ich, dass wir uns mitten in einem Großraumbüro befanden und wir einen neuen Fall hatten. Das Wissen, dass Jethro bereit war, ein wenig herumzuexperimentieren, ließ den Platz in meiner Jeans erneut schrumpfen, obwohl ich vor nicht allzu langer Zeit einen heftigen Höhepunkt gehabt hatte. Er verpasste mir einen leichten Klaps auf mein Hinterteil, bevor er sich schließlich von mir löste und endgültig in die Rolle des Chefermittlers schlüpfte.
„Ziva, sag Ducky Bescheid. Wir treffen uns in fünf Minuten unten", befahl er und wollte bereits zum Fahrstuhl gehen, als er sich noch einmal umdrehte und die Ex-Mossad Agentin mit einem Blick ansah, der jeden Verdächtigen sofort dazu gebracht hätte, ein Geständnis abzulegen. „Falls der Aufzug in Zukunft irgendwann wieder einmal nicht funktionieren und ich zufällig mit Tony dort drinnen sein sollte, wäre es angebracht, deine Gedanken für dich zu behalten. Haben wir uns da verstanden, Officer David?" Ich war nicht der Einzige, er überrascht davon war, dass Jethro es anscheinend doch mitbekommen hatte, worüber wir vor wenigen Minuten geredet hatten. Eigentlich sollte es mich ja nicht wundern, bekam er doch die kleinste Kleinigkeit mit, auch wenn er nicht in der Nähe war. Wie er das anstellte wusste ich jedoch nicht. Vielleicht sollte ich ihn einmal danach fragen.
„Verstanden", sagte Ziva schließlich und zum ersten Mal wich sie seinem Blick aus, was mich mit einer gewissen Schadenfreude erfüllte. Ich wusste, von nun an würde sie sich aus meinem Privatleben heraushalten, wollte sie es sich mit Gibbs nicht verscherzen. Und ein Chefermittler, der auf jemanden wütend war, war mehr als unangenehm.
„Gut", meinte er und nickte zufrieden. „Und jetzt bewegt euch endlich. Ich will nicht erst morgen in Norfolk ankommen." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte er sich um und ging zum Fahrstuhl. Da wir wussten, dass er nicht gerne wartete, eilten wir ihm nach und betraten die Kabine, bevor sich die Türen schließen konnten – und ließen damit Abby alleine zurück. Wie ich es erwartet hatte, überkam mich sofort die Erinnerung daran, was zwischen Jethro und mir hier vorgefallen war und ich konnte nichts gegen das Grinsen machen, das sich auf meinen Lippen ausbreitete. Mein Freund griff nach meiner Hand und signalisierte mir damit, dass er genau wusste, woran ich dachte. McGee vor uns starrte auf seine Füße und ich konnte mir lebhaft vorstellen, dass er versuchte, sich nicht auszumalen, wofür der Fahrstuhl vor kurzem verwendet worden war. Ziva hingegeben hatte ihren Blick stur auf die Türen gerichtet und schaffte es tatsächlich, ihre Gedanken für sich zu behalten.
Die gesamte Fahrt nach unten herrschte Schweigen und ich ließ meinen Freund nicht aus den Augen. Obwohl unsere Finger miteinander verschränkt waren, hatte er seine übliche Miene aufgesetzt. Nur das strahlende Funkeln in seinen blauen Augen ließ ihn nicht mehr ganz so gefährlich erscheinen.

Es waren genau vier Wochen seit dem Undercovereinsatz vergangen – vier Wochen, in denen so viel passiert war und die damit geendet hatten, dass Leroy Jethro Gibbs und meine Wenigkeit, Anthony DiNozzo, glücklich vereint und offiziell ein Paar waren. Ich wusste, die Zukunft würde nicht immer einfach werden – nicht bei zwei so großen Sturköpfen, wie wir es waren - aber gemeinsam würden wir sicher alle Probleme meistern, die unweigerlich auf uns zukommen würden. Wir würden immer zusammenhalten – egal, was auch geschehen würde.

Ende!!!!

Oder Fortsetzung folgt, wie man es sehen möchte^^
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