- Text Size +
Washington D.C.
Arlington National Cemetry
Donnerstag, 30. Januar
14:20 Uhr


Die letzten eineinhalb Tage waren an mir vorübergezogen, als ob ich mitten in einem schlechten Film gefangen wäre. Es war mir alles so surreal vorgekommen und je näher der Donnerstag gerückt war, desto unwirklicher wirkte alles. Die Nächte hatte ich auf meiner Couch im Wohnzimmer verbracht und mich mit jeder Menge Magnum und Spielfilmen von der Beerdigung abgelenkt. Ich war dankbar für jede Sekunde, die ich nicht an diesen Augenblick denken musste und so kam es, dass ich erneut nicht viel geschlafen hatte. Die Angst, dass mich in den Träumen glückliche Erinnerungen heimsuchen würden, war viel zu groß gewesen. Ich hatte nichts gegen schöne Erinnerungen, wenn sie nur nicht so weh tun würden, wenn man aufwachte.
Den Schlafmangel versuchte ich mit jeder Menge Kaffee auszugleichen, aber ich spürte selbst, dass es irgendwann zu viel werden würde. Unter meinen Augen hatten sich schwarze Ringe gebildet und selbst Ziva war aufgefallen, dass ich nicht ganz auf dem Damm war. Würden mich Ducky und McGee nicht förmlich dazu zwingen, etwas zu essen, würde ich auch das vernachlässigen. Ich lebte einfach vor mich hin und versuchte verzweifelt, in der Gegenwart zu bleiben und nicht in der Vergangenheit zu schwelgen oder an die Zukunft zu denken.
Die Ermittlungen in Bezug auf Jethros Mord verliefen auch nicht so, wie ich es mir anfangs vorgestellt hatte. Ich hatte wirklich geglaubt, den Schuldigen schnell finden zu können, aber so einfach war es bei weitem nicht. Ziva war sämtliche Fälle von Gibbs durchgegangen, hatte jeden Verhafteten herausgesucht, der bereits wieder entlassen worden war, war aber nur auf eine kalte Spur gestoßen. Die ehemaligen Häftlinge hatten entweder ein wasserdichtes Alibi, waren nicht aufzufinden oder waren tot. Und dann gab es noch sämtliche Familienangehörige, die sich eventuell rächen wollten, dass Jethro ihre Liebsten hinter Gitter gebracht hatte. Alles in allem gab es Hunderte von Personen zu überprüfen.
Die Beschattung von Kyle Zeke hatte auch noch nichts ergeben. Er führte ein langweiliges Leben, verbrachte die meiste Zeit in seinem überheizten Haus und fuhr nur mit seinem BMW irgendwohin, um einzukaufen. Hin und wieder schaufelte er ein wenig Schnee, um seine Einfahrt freizuhalten, aber ansonsten ließ er sich nicht blicken. Wenn er etwas mit dem Mord zu tun hatte, so ließ er sich nichts anmerken. Er verhielt sich wie ein mustergültiger Bürger und gab keinen Anlass, ihn zu verhaften.

Je näher die Beerdigung gerückt war, desto öfters hatte ich mich dabei ertappt, einfach zu Gibbs' Schreibtisch zu starren und mir vorzustellen, wie es wäre, würde er noch dort sitzen und jede Menge Befehle erteilen. Noch immer brachte ich es nicht fertig, mir seinen Platz einzuverleiben – es wäre ein Zugeständnis daran, dass er wirklich nicht mehr wiederkommen würde.
Ziva und McGee hatten in regelmäßigen Abständen versucht, mich aufzumuntern und vor allem Tim hatte mit verschiedenen Geschichten aus seiner Highschoolzeit meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Hin und wieder hatte ich es amüsant gefunden, was Bambino widerfahren war, als er ein Teenager gewesen war, aber auch das hatte mich nicht von dem Wissen, bald auf einem Friedhof zu stehen, ablenken können.
Direktor Shepard hatte mir angeboten, den Freitag frei zu nehmen, aber ich hatte abgelehnt. Ich wusste, mir würde nach kurzer Zeit die Decke auf dem Kopf fallen und ich hegte noch immer die Hoffnung, den Schuldigen zu finden. Es reichte bereits, dass wir den Donnerstag nicht verwenden durften, um weiteren Spuren nachzugehen, um noch mehr Leute zu verhören.
Ich hätte den Vormittag am liebsten im Hauptquartier verbracht, hätte sogar freiwillig irgendwelche Akten bearbeitet, aber Jen hatte deutlich gemacht, dass ich gar nicht erst daran denken sollte, einen Fuß über die Schwelle des Gebäudes zu setzen, wenn ich meinen Job behalten wollte. Deshalb hatte ich den ganzen Donnerstagvormittag auf dem Sofa gesessen und hatte in den Garten hinausgestarrt, während im Hintergrund der Fernseher gelaufen war, damit die Stille nicht so drückend gewesen war.
Das Bedürfnis, mich einfach einzukapseln war riesengroß gewesen und obwohl der Gedanke an die Beerdigung unerträglich war, hatte ich es nicht über mich gebracht, nicht hinzugehen. Ich musste irgendwie einen Schlussstrich ziehen, musste mein altes Leben hinter mir lassen, um anschließend vielleicht in die Zukunft blicken zu können. So schmerzhaft es auch war, ich musste mich damit abfinden, dass Jethro nicht wieder zurückkommen würde, dass ich alleine durchs Leben gehen würde und dass ich lernen musste, ohne ihn in meinem Bett zu schlafen.
McGee hatte mir angeboten, mich abzuholen und zum Friedhof zu fahren, aber ich wollte nicht auf jemanden angewiesen sein. Ich wusste, nach dem Begräbnis würde es noch ein Essen in einem Hotel geben, aber ich würde dort nicht hingehen. Ich würde es nicht ertragen, unter Agenten zu sein, die tranken, lachten, aßen und mich beobachteten, so als ob ich irgendein interessantes Ausstellungsstück in einem Museum wäre. Stattdessen würde ich ein wenig herumfahren, bevor ich nach Hause zurückkehren, mich unter eine Decke kuscheln und zu vergessen versuchen würde, an welchem Ort ich am heutigen Tag war. Vielleicht würde ich die Nacht auch bei Jethros Boot verbringen oder in seinem Bett schlafen, einfach um ihm ein wenig nahe zu sein.

Eineinhalb Tage waren vergangen und jetzt befand ich mich auf dem Arlington National Cemetry und starrte mit ausdrucksloser Miene auf den hellen Holzsarg, der mit der amerikanischen Flagge zugedeckt war und darauf wartete, in das frisch ausgehobene Grab hinuntergelassen zu werden. Die ganze Szene kam mir mehr als unwirklich vor und ich hatte zeitweise das Gefühl, das Geschehen aus der Luft zu beobachten, so als ob ich mich von meinem Körper gelöst hätte.
Die Stühle, die vor dem Grab aufgestellt worden waren, reichten bei weitem nicht aus, damit alle einen Platz hatten. Mindestens ein Viertel der Agenten, die erschienen waren, mussten stehen und hatten allesamt ihre Hände in Mänteln oder Jacken vergraben, um sie vor Erfrierungen zu schützen. Es herrschte eine gedrückte Stimmung, die nicht einmal von dem blassblauen Himmel aufgelockert werden konnte – ein Himmel, der zu diesem Zeitpunkt mehr als unpassend war. Die bleigrauen Wolken, die es noch am Morgen gegeben hatte, hatten sich allesamt verzogen und hatten einer hellen Sonne Platz gemacht, die den pulvrigen Schnee um uns herum zum Glitzern brachte.
Die weiße Pracht war auf dem großen Areal weitestgehend unangetastet, nur rund um das Grab war er zu einer harten Schicht plattgedrückt worden. Überall zeichneten sich die Schuhabdrucke der Menschen ab und bildeten groteske Muster auf dem Boden.
Um die Begräbnisstätte herum waren Hunderte von Blumen aufgestellt worden, Blumen in den verschiedensten Größen und Formen, Arten von Blumen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre Blüten bildeten einen Kontrast zu dem Weiß des Schnees, waren richtige Farbtupfer, die sich stark abhoben.
Vor dem Sarg war ein Podest aufgebaut worden, an dem der Priester die Trauerrede abhielt, aber seine Worte ergaben für mich einfach keinen Sinn. Sie schwebten in der Luft, schienen meine Ohren aber nicht zu erreichen. Der Mann hatte eine kräftige Stimme, die seine kleine, dünne Gestalt Lügen strafte. Die Haare waren schlohweiß und ordentlich zurückgekämmt. Seine eingefallenen Wangen waren gerötet und er zitterte leicht. Die Robe hing ihm von seinen knochigen Schultern und obwohl er alt war, strahlte er eine gewisse Ruhe und Autorität aus. Er sprach die Worte mit Bedacht, auch wenn ich alles wie durch Watte vernahm. Ich konnte mich nur auf den Sarg konzentrierten und den Mann, der darin lag. Es tat schrecklich weh zu wissen, dass Jethro so nahe aber dennoch so weit entfernt war. Uns trennten nur ein paar Schritte und eine Schicht aus Holz.
Zu wissen, dass ich hier war, um mich endgültig von ihm zu verabschieden, dass sein Körper für immer unter der Erde begraben sein würde, trieb mir die Tränen in die Augen, die ich dank des schönen Wetters hinter einer Sonnenbrille verstecken konnte. Niemand brauchte mitzubekommen, dass es mich innerlich fast zerriss, dass in meinen Augen der Schmerz zu erkennen war, den ich in diesem Moment empfand. Wenn ich könnte, hätte ich mich längst zu einem Ball zusammengerollt oder wenigstens die Beine an meinen Körper gezogen, um mich auf dieser Art ein wenig zu trösten, aber mir blieb nichts anderes übrig, als aufrecht zu sitzen, die Hände im Schoß gefaltet und weiterhin den Sarg anstarrend, mit dem ich ein Teil meines eigenen Lebens begraben würde.

Die Zeit zog sich, der Wind wurde stärker und ließ die Äste der blätterlosen Bäume leise rascheln, trug die Worte des Priesters mit sich fort. Die Kälte, die im Freien herrschte, registrierte ich nicht einmal, obwohl ich nur einen schwarzen Anzug trug. Ich war der Einzige, der auf einen Mantel oder eine Jacke verzichtet und als mir McGee seine angeboten hatte, hatte ich einfach nur den Kopf geschüttelt. Ich hegte noch immer die Hoffnung, dass die Kälte den Schmerz in meinen Inneren betäuben würde, dass es für mich ein wenig erträglicher werden würde. Aber bis jetzt war das Gegenteil der Fall. Je länger der Priester sprach, desto mehr hatte ich das Gefühl, innerlich zu sterben.
Eine Träne löste sich aus meinem rechten Auge und tropfte auf meine Wange hinunter, aber ich wischte sie unwirsch weg, bevor sie trocknen und einen unangenehmen Film auf meiner Haut hinterlassen konnte. Gleich darauf spürte ich, wie mir McGee seine Hand tröstend auf meinen Unterarm legte. Im Gegensatz zu mir schien ihm eiskalt zu sein, sein Gesicht war gerötet, und er zitterte leicht, dennoch lag ein beruhigender Ausdruck in seinen Augen, als ich für einen kurzen Moment meinen Blick von dem Sarg losriss und zu ihm sah.
Neben ihm saß Abby, ihr schlanker Körper war in ein schwarzes Kleid gehüllt und sie versuchte sich mit einem Mantel warm zu halten. In ihren Fingern hielt sie ein schwarzes Taschentuch, das sie gedankenverloren zerknitterte. Ihre Rattenschwänze hatte sie diesmal zu zwei kleinen Knoten geformt und sie schien genauso wie ich von dem Sarg angezogen zu werden.
Ziva hatte ihren Platz gleich neben Abby. Die junge Israelin trug einen schwarzen Hosenanzug und schien ziemlich gefasst. Sie rührte keinen Muskel und starrte ausdruckslos nach vorne, so als ob sie einen Punkt in weiter Ferne fixieren würde. Ihre zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haare wehten leicht in dem Wind und genauso wie ich schien sie die Kälte nicht wahrzunehmen.
Ducky saß direkt neben mir, sein Körper in einen dunklen Anzug gehüllt und seine Fliege war schiefer als sonst. Er hatte seine Beine übereinandergelegt und lauschte konzentriert den Worten des Priesters. Auf seinem Gesicht hatte sich eine tiefe Trauer ausgebreitet und er machte den Eindruck, trotz seines Interesses mit seinen Gedanken ganz weit weg zu sein.
Jen hatte ihren Platz ganz außen und genauso wie alle anderen auch, war sie vollkommen in Schwarz gekleidet. Sie wirkte professionell, hatte ihre Gefühle gut im Griff, aber ich wusste, dass es für sie schwer war. Sie hing an Gibbs, immerhin hatte die beiden mehr als eine Freundschaft verbunden. Zwar lag ihre Affäre Jahre zurück, dennoch war ersichtlich, dass ihr ziemlich viel an Jethro gelegen hatte.

McGee drückte aufmunternd zu und ließ mich wieder los, als ich meinen Blick erneut auf den Sarg richtete. Ich wollte von hier weg, wollte alleine sein, andererseits würde es bedeuten, dass Jethro dann unter der Erde liegen würde, was ich überhaupt nicht wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sein Körper in dem ausgehobenen Grab verwesen, er zu Knochen werden würde. Wieso konnte man die Zeit nicht einfach zurückdrehen? Wieso konnte es nicht wieder Samstagabend sein, wo er nach Hause gekommen war und sich den Schnee aus den Haaren geschüttelt hatte?
Ich hätte vieles anders gemacht, hätte dafür gesorgt, dass er das Bett nicht verließ, dass er die ganze Zeit über bei mir blieb und dass wir den Morgen gemeinsam verbrachten. War es denn zu viel verlangt, wenn ich ihn noch einmal in meinen Armen halten wollte? Meine Nase in seinem Hals vergraben wollte, um den Geruch nach Sägespäne einzuatmen? Mit meinen Finger durch seine Haare fahren, um sie zu zerzausen? Wieso konnte nicht alles doch ein schrecklicher Albtraum sein?

Eine zweite Träne tropfte auf meine Wange, als der Priester von dem Podest zurücktrat und anschließend den Sarg mit Weihwasser bespritzte. Ich spürte, wie ich zu zittern anfing, wie das Gewicht auf meiner Brust schwerer wurde, als mir klar wurde, dass es in wenigen Minuten vorbei sein würde. Ich schluckte hart und ballte meine Hände unwillkürlich zu Fäusten. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie sich Direktor Shepard erhob, ihren Rock glatt strich und nach vorne trat, um eine kurze Rede zu halten. Und danach… danach würde es so weit sein, danach musste ich einen endgültigen Schlussstrich ziehen.
Jens Stimme war ganz anders als die des Priesters und sie sprach über Jethro als ein überragender Agent, als ein loyaler Freund und ein unersetzbarer Lebensgefährte. Bei den letzten Worten blickte sie mich direkt an und ich musste die aufsteigenden Tränen mit aller Gewalt zurückdrängen. Auf ihr Gesicht trat ein zärtlicher Ausdruck und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, zwischen uns würde ein unsichtbares Band entstehen, ein Band des Verständnisses.
Mein Herz zog sich zu einem schmerzhaften Klumpen zusammen, als sie sich im Namen des NCIS von Gibbs verabschiedete, zur Seite trat, eine exotisch aussehende Blume aus einem der großen Sträuße herauszog und sie sanft auf den Sarg legte. In den Reihen hinter uns kam Bewegung und erst jetzt realisierte ich wieder, dass wir nicht alleine waren, dass es jede Menge Menschen gab, die darauf warteten, sich persönlich zu verabschieden.

„Tony?" Diesmal war es Ducky, der mir seine Hand auf den Unterarm legte. In seinen Augen konnte ich Tränen schimmern sehen und ihn so zu sehen, ließ ihn um einiges älter und zerbrechlicher wirken. „Willst du nicht nach vorne gehen?"
Ich blickte zu dem Sarg, der weiterhin verlassen vor dem Podest stand. Niemand war dabei, Gibbs lebewohl zu sagen und ich wusste auch warum. Jeder wartete darauf, dass ich den ersten Schritt unternahm – sie ließen mir den Vortritt. Für ein paar Sekunden konnte ich mich nicht rühren, aber schließlich atmete ich tief durch, rückte meine Sonnenbrille zurecht und stand langsam auf. Obwohl ich mich nicht umdrehte, konnte ich die Blicke aller förmlich auf mir spüren, wusste, dass sie jeden meiner Schritte verfolgten.
Wie in Trance ging ich auf den Sarg zu, der Schnee knirschte leise unter meinen Füßen und ich hatte das Gefühl, ich würde eine Ewigkeit brauchen, um bei dem Grab anzukommen. Mit zitternder Hand löste ich vorsichtig eine rote Rose aus einem Strauß und hielt sie mir an die Nase, sog ihren betörenden Duft in meine Lungen. Die rote Rose war auch die Blume der Liebe und ich hoffte, dass ihr Geruch Jethro, wo er immer auch sein mochte, erreichte.
Ich blickte traurig auf den Sarg hinunter, während sich in meinem Hals ein großer Kloß bildete und ich die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Es war mir egal, ob sie die anderen sehen würden – in diesem Moment war mir alles egal. Ich schloss meine Augen und ließ Gibbs' Gesicht vor mir entstehen, sein Lächeln, sein Körper und ich konnte schwören, dass die kalte Luft auf einmal nach Sägespänen roch. Ich erinnerte mich an unseren allerersten Kuss in dem Club – einen Kuss, den wir beide eigentlich nicht gewollt hatten, der aber schlussendlich unser gesamtes Leben auf den Kopf gestellt hatte. Ich erinnerte mich an unsere erste gemeinsame Nacht im Hotel, erinnerte mich an die grenzenlose Leidenschaft, erinnerte mich daran, wie mir Jethro zum ersten Mal gesagt hatte, dass er mich liebte, erinnerte mich an seine blauen Augen, mit denen er mich unglaublich liebevoll angesehen hatte. Uns waren nur sieben Monate vergönnt gewesen, sieben Monate voller Liebe, sieben Monate, die ich nie missen wollte, sieben Monate des reinsten Glücks.

Ich öffnete wieder meine Augen und blickte auf den Sarg, bevor ich meine freie Hand ausstreckte und sachte über das Holz fuhr. Es war kalt, dennoch hatte ich für keinen kurzen Moment das Gefühl, Jethros Haut zu liebkosen. Der Kloß in meinem Hals wurde größer, als ich einen sanften Kuss auf die Rose drückte und diese anschließend sorgfältig neben Jens exotischer Blume platzierte.
„Ich liebe dich", flüsterte ich mit heiserer Stimme und noch mehr Tränen lösten sich aus meinen Augen, liefen an meinen Wangen nach unten und tropften auf den Sarg. „Ich werde dich immer lieben." Genauso wie zuerst bei der Rose, drückte ich einen Kuss auf die Fingerspitzen meiner rechten Hand und legte diese an die Stelle, wo sich Gibbs' Gesicht befinden musste. „Du wirst immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Lebewohl, Jethro." Unendlich traurig löste ich meine Hand von dem Sarg, trat einen Schritt zurück und drehte mich um.
Hinter mir hatte sich eine lange Schlange gebildet, angeführt von meinen Freunden, die mich allesamt traurig musterten, die das Leid mit mir teilten. Eine Sekunde später setzte ich mich in Bewegung, eilte an den Agenten vorbei, an Männern und Frauen, die ich vorher noch nie gesehen hatte. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging ich auf den Ausgang des Friedhofes zu. Ich musste von hier verschwinden, musste alleine sein, um zu begreifen, was gerade passiert war. Jethro war nun für immer fort, würde unter einer Schicht Erde begraben sein. Mit jedem Schritt den ich machte, entfernte ich mich mehr von der großen Liebe meines Lebens, ließ Gibbs in seiner letzten Ruhestätte zurück, in der Hoffnung,
dass ich irgendwann einmal wieder positiv in die Zukunft sehen konnte.

Fortsetzung folgt...
You must login (register) to review.